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Wörter: 1196
In der Pfingstwoche werden die Sommerquatember gefeiert. Die
Bezeichnung "Quatember" kommt vom lateinischen "feriae quattuor
temporum", also Feiertage der vier Jahreszeiten; im Schott heißt
es dazu: »Wie jede Woche durch die Feier des Sonntags eingeleitet
und sozusagen eingeweiht wird, so auch die vier Jahreszeiten durch die
vier Quatemberfeiern. [...] Auf deutschem Boden erhielten sie den
Ehrennamen "Fronfasten", heilige, unverletztliche Fasten.« Im
Gebiet des Deutschen Reichs bedeutet das: Am Mittwoch, Freitag und
Samstag ist das Fasten unter schwerer Sünde vorgeschrieben. Aber
darf man sich die Freude über das Pfingstfest denn damit
verderben, dass man heute an das "Fronfasten" in der Pfingstwoche
denkt? Schließlich feiert die Kirche doch am Pfingstfest die
Sendung des Heiligen Geistes, und das ist doch wahrlich kein Fasttag.
Nun, zunächst sollte man das Fasten nicht über Gebühr
dramatisieren. Es ist ja nichts Unmenschliches, was dabei
vorgeschrieben ist: Man darf sich einmal am Tag satt essen,
außerdem darf man zusätzlich noch zwei kleine
Stärkungen einnehmen. Nicht nur soll mit dem Fasten die Gesundheit
nicht geschädigt werden, es soll sogar darauf geachtet werden,
dass das Fasten die tägliche Arbeit nicht beeinträchtigt.
Dementsprechend gibt es ja auch Befreiungen von der Fastenpflicht. Das
Fasten ist eine ernste Pflicht, aber keine unerfüllbare Pflicht.
Weder darf man beim Fasten übertreiben, noch darf man in der
Bewertung des Fastens übertreiben. Ja, man schränkt sich ein
wenig ein, aber man übt keinen übermenschlichen Verzicht.
Ferner sollte man sich fragen, ob man denn sowohl die Feiertage als
auch die Fastentage der Kirche in rechter Weise beachtet und begeht.
Hält man sowohl die Sonntagsruhe als auch das Fasten? Oder ist man
womöglich nur auf die Annehmlichkeiten der Feiertage erpicht? Legt
man zwar größten Wert auf das Feiern an den Feiertagen, aber
keinen so großen Wert auf das Fasten an den Fasttagen? Nun sind
die Sommerquatember also in der Pfingstoktav, aber passt das Fronfasten
denn überhaupt in diese Zeit? Paulus nennt bei den Früchten
des Geistes (Gal 5,22f) auch die Enthaltsamkeit. Im griechischen
Originaltext heißt es enkráteia, in der lateinischen
Übersetzung der Vulgata continentia. Beide Vokabeln bedeuten
Selbstbeherrschung, Enthaltsamkeit, Mäßigung, auch wenn die
begriffliche Herleitung jeweils etwas anders ist. Das griechische
enkráteia basiert auf dem Wort krátos, Gewalt,
Herrschaft. Demokratie bedeutet also Herrschaft des Volkes: Die Gewalt
geht vom Volke aus. Enkráteia bedeutet: Man hat sich selbst in
der Gewalt, man kann sich selbst beherrschen. Continentia basiert auf
tenere, halten: Man kann "an sich halten", man hat seine Leidenschaften
im Griff. Die Selbstbeherrschung, die Enthaltsamkeit, die
Mäßigung hat also im geistlichen Leben durchaus ihren Platz.
Dementsprechend hat die Kirche das Fasten als Vorbereitung hoher Feste
vorgeschrieben: Einige Vigiltage, also die Tage vor hohen Festen wie
Weihnachten und Pfingsten sind Fasttage. Der Osterzeit geht die
Fastenzeit voraus. Aber das Entscheidende ist eben nicht die
Enthaltsamkeit an sich, sondern ihr kirchlicher Zusammenhang. Das
Entscheidende ist die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche. Am
Pfingstfest werden Petrus und die Apostel nach der Pfingstrede gefragt:
"Brüder, was sollen wir tun?" Und Petrus antwortet: "Bekehrt euch,
und ein jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur
Vergebung eurer Sünden; so werdet ihr den Heiligen Geist
empfangen. [...] Rettet euch aus diesem verderbten Geschlecht."
Selbstbeherrschung wurde schon damals in vielen Gruppen gepredigt und
geübt, in heidnischen Religionen und in jüdischen
Gemeinschaften. Der dabei gezeigte eiserne Wille war teilweise wirklich
bemerkenswert. Diese Selbstbeherrschung war allerdings oft geprägt
von Selbstgerechtigkeit und Selbstverliebtheit bis hin zur Verachtung
anderer. Als Christen hingegen wissen wir, dass es uns eben nicht um
Selbstverwirklichung gehen kann. Wir werden nicht einfach dadurch
gerecht, dass wir die Enthaltsamkeit üben, sondern wir üben
die Enthaltsamkeit, um Gott unsere Liebe und Treue zu zeigen. Paulus
nennt unter den Früchten des Geistes die Enthaltsamkeit auch nicht
an erster Stelle, sondern an erster Stelle stehen: "Liebe, Freude,
Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut."