Predigt 06.03.2011

- Quinquagesima, II cl sd; 1 Kor 13,1-13; Lk 18,31-43-
(Kirche zum Mitreden, 05.03.2011)

http://www.youtube.com/watch?v=DPDk-nOJLRQ
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Wörter: 1096
In wenigen Tagen beginnt die Fastenzeit. An den Fasttagen ist dann grundsätzlich nur noch eine einmalige Sättigung erlaubt; außerdem können noch höchstens zwei kleine Stärkungen eingenommen werden. In der Moraltheologie werden oft äußerst genaue Regeln für das Fasten genannt. Es werden z.B. Obergrenzen genannt, wieviel Gramm Speise man bei den Stärkungen höchstens einnehmen darf, welche Getränke außerhalb der Hauptmahlzeit erlaubt sind usw. Solche genauen Angaben bzw. Anweisungen für das Fasten bereiten bisweilen einige Probleme. Was nützt z.B. eine Vorschrift, dass man bei einer Stärkung nur 80g Speise einnehmen darf? Bei der Ernährung ist die Kalorienmenge der Speise nun einmal von viel größerer Bedeutung als das Gewicht der Speise. Um es zu veranschaulichen: Nüsse liefern mehr als die dreißigfache Menge an Kalorien im Vergleich zu Tomaten. 80g Tomaten enthalten weniger als 15kcal, liefern also fast keine Energie. 80g Nüsse hingegen enthalten mehr als 500kcal, was schon eine kleine Mahlzeit ist. Noch viel komplizierter wird es, wenn man die zahlreichen Faktoren berücksichtigt, die für den Energiebedarf ausschlaggebend sind, darunter das Geschlecht, die Körpergröße, die Tätigkeit usw. Also selbst wenn man statt Obergrenzen für das Gewicht nun Obergrenzen für die Kalorienmenge der Speise angeben würde: Was für den einen vielleicht als Stärkung reichen könnte, könnte für den anderen vielleicht zu wenig sein.
Zudem gibt es den Grundsatz, dass außerhalb der Hauptmahlzeit nur Getränke erlaubt sind, die - so die Beschreibung - "nicht nähren". Konkret ist zwar bei den Getränken Wein erlaubt, aber Traubensaft verboten. Wein liefert aber schon aufgrund seines Alkoholgehalts mehr Kalorien als Traubensaft, zudem kann Alkohol ohnehin nur in geringen Mengen vom Körper verkraftet werden. Ferner ist Bier erlaubt, aber Milch verboten. Auch Bier enthält Alkohol und liefert deutlich mehr Kalorien als entrahmte Milch. Tatsächlich sind also manche moraltheologischen Angaben und Anweisungen nicht leicht nachzuvollziehen. Nun könnte man diese ganzen Probleme nennen und dann behaupten, dass die kirchliche Fastenordnung doch widersprüchlich und - zumindest aufgrund dieser Widersprüche - unsinnig ist. Ferner könnte man noch die ganzen Änderungen aufzählen, die es hinsichtlich der kirchlichen Fastenvorschriften gab, etwa das frühere strenge Verbot, bei derselben Mahlzeit sowohl Fleisch als auch Fisch zu essen.
Kann man angesichts solcher Entwicklungen und Erkenntnisse das Fastengebot überhaupt noch ernstnehmen? Hier gilt es, sich auf das Eigentliche zu besinnen: Es geht beim Fasten schlichtweg darum, Gott ein Opfer darzubringen. Das Fasten gehört dabei zu den natürlichen Pflichten, auch wenn es bei der Kirchenleitung liegt, konkrete Vorschriften zu erlassen. Nochmals: Das Fasten ist ein Opfer. Der Mensch tut sich damit in gewisser Weise Gewalt an. Er verzichtet auf etwas, was eigentlich gut und erlaubt ist.
Also ist es auch beim Fasten falsch, den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen, d.h. angesichts der ganzen Fragwürdigkeiten und sogar Änderungen in den Fastenvorschriften den eigentlichen Sinn des Fastens aus den Augen zu verlieren.
Nehmen wir einen anderen Bereich, u.z. das Übergewicht: Manche Übergewichtige argumentieren, es wäre ihnen gar nicht möglich abzunehmen, weil es bei den ganzen Diäten so viele Widersprüche gibt: Welche Nahrungsmittel vorgeschrieben oder verboten sind, in welchem Anteil Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße zueinander stehen sollen usw. Exaktes Kalorienzählen wäre sowieso nicht möglich, und selbst wenn, weiß man nicht, wieviele Kalorien man exakt benötigt. Nun, zumindest in einer Hinsicht ist es beim Abnehmen ähnlich wie beim kirchlichen Fasten: Auch wenn exakte einheitliche Angaben unmöglich sind, kann doch eine grundsätzliche Marschrichtung zum Erfolg führen. Man muss eben seinen eigenen Weg suchen und finden, und dafür kann und soll man sich an bestehenden Erkenntnissen orientieren. Sinnvoll kann z.B. die Empfehlung sein, seinen eigenen Tagesbedarf an Kalorien abzuschätzen und dann bei den beiden kleinen Stärkungen zusammen maximal ein Drittel dieses Tagesbedarfs zu sich zu nehmen. Sicherlich, man hat dafür eben nur ungefähre Schätzungen, aber immerhin: Man hat einen ersten Anhaltspunkt und dokumentiert damit seinen Willen, Gott durch ganz bewusste Einschränkungen bei Speis und Trank ein Opfer zu bringen.
Insofern können selbst die allerneuesten Erkenntnisse aus der Ernährungswissenschaft sogar helfen, die Grundvorschrift des Fastens möglichst gut zu erfüllen. Der eigentliche Kern bleibt doch die einmalige Sättigung, während die beiden kleinen Stärkungen ja nur zur Stütze dienen sollen. Eine kluge Auswahl von Lebensmitteln, erst recht bei den Stärkungen, kann dann helfen, sowohl wirklich geringe Mengen an Speise einzunehmen als auch trotzdem möglichst leistungsfähig zu bleiben. Es könnte bei ordentlicher Planung sehr vielen sehr viel leichter fallen, das Fastengebot zu erfüllen. Insbesondere könnte so mancher von unangebrachter ängstlicher Sorge befreit werden, ob er denn dies oder jenes noch essen darf oder nicht, und statt dessen mit Gelassenheit und Entschlossenheit das Opfer des Fastens bringen. Der Körper meldet sich schon, wenn er mit Nahrung überversorgt oder unterversorgt ist. Sowohl wer sich vor Leibesfülle kaum noch bewegen kann, als auch wer bereits ausgezehrt und ausgemergelt ist, sollte sich fragen, ob er seine Pflichten Gott und den Menschen gegenüber noch optimal erfüllen kann, d.h. ob er seinen Ernährungszustand vor Gott verantworten kann.
In der Fastenzeit wird als Präfation, als Vorgebet zum Sanctus gebetet: "Durch das Fasten des Leibes unterdrückst du die Sünde, erhebst du den Geist, spendest Tugendkraft und Lohn". Eben darum geht es. Indem wir auf Erlaubtes verzichten, stärken wir unsere Widerstandskraft gegen die Verlockungen der Sünde. Wir blicken nicht starr auf die geschaffenen Dinge, die Reize und Genüsse, sondern richten unseren Blick auf den Schöpfer, dem wir alles verdanken und dem wir vollkommene Unterwerfung und Gehorsam schulden. Wir bekämpfen unsere bösen Neigungen, unsere Laster und üben uns darin, beständig gemäß den göttlichen Geboten, d.h. tugendhaft zu handeln.
Sicher, das Fastengebot beginnt erst am Aschermittwoch, wir befinden uns also noch in der Vorfastenzeit. Aber im Schott-Messbuch wird die Vorfastenzeit charakterisiert als "eine Zeit ernster Besinnung und mutiger Abkehr von der Welt mit ihren leichtsinnigen Fastnachtsbelustigungen. Dazu paßt auch, daß uns die Kirche in den Lesungen des Stundengebetes an die großen Tatsachen der Schöpfung, des Sündenfalls und des Gerichtes über Sodoma und Gomorrha erinnert." Soweit der Schott. Das heidnische Karnevalsfest wütet in unserer heutigen Zeit schon so schlimm, dass in früheren katholischen Kirchengebäuden nun ganz ausdrücklich "Narren" ihr Unwesen treiben. Der entsetzliche Spott gegen unseren Herrn Jesus Christus, der schon seit Jahrzehnten in vielen früheren katholischen Kirchengebäuden betrieben wird, feiert gerade zur "Fastnacht" schlimmste Triumphe. Insofern mag man überlegen, ob man bereits am Montag und Dienstag vor Aschermittwoch bestimmte freiwillige Verzichte bringt. In jedem Falle sollte man wirklich vorbereitet sein, wenn das Fastengebot verpflichtend ist.
Was wir also - innerhalb oder außerhalb der Fastenzeit - tun oder lassen, was wir genießen oder worauf wir verzichten, alles soll dazu dienen, Gottes Gebote zu erfüllen, alles soll dazu dienen, dem Reich Gottes als tugendhafte Menschen zu dienen, damit wir dereinst teilhaben an der ewigen Freude des Himmels. Amen.

S. auch: Rezept zum Abnehmen

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