Essstörung und katholische Kirche

- Pressemitteilung zum Essstörungs-Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)  -
(Kirche zum Mitreden, 25.03.2010)
Bild für PressemitteilungDie Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat ein eigenes Informationsangebot zum Thema Essstörung eingerichtet; aktuell warnt sie, dass die sog. "Frühlingsdiäten" zu Essstörungen führen können. Laut BZgA gilt: "Viele Menschen essen nicht nur, wenn sie hungrig sind, und nicht immer wählen sie vernünftig und ausgewogen aus. Essgestört sind sie deshalb noch lange nicht. Doch wenn die psychische Komponente auf Dauer überwiegt, wenn Essen das wichtigste Mittel wird, um zum Beispiel Stress oder Kummer zu bewältigen, wenn sich die Gedanken zunehmend nur noch ums Essen und um das Gewicht drehen, dann gerät das gesunde Essverhalten aus dem Gleichgewicht. [...] Essstörungen sind zwar vergleichsweise seltene, aber schwere seelische Krankheiten, die auch dem Körper massiv schaden."
Aus kirchlicher Sicht bestehen hinsichtlich des BGzA-Angebots einige Bedenken.
1. Was die BZgA von sozialer und namentlich von christlicher Verantwortung hält, zeigt sich besonders krass an ihrem "mach's mit"-Programm: Statt des vernünftigen Gebrauchs der Sexualität mit zumindest einschlussweisem und bestenfalls ausdrücklichem Kinderwunsch wird für ungeordnete Sexualität geworben.
2. Erfahrungsgemäß suchen oft ausgerechnet offiziell atheistische Menschen irgendwelche Ersatzreligionen - z.B. Psychologie / Psychiatrie. Mit der "psychischen Komponente" nun will mancher sich selbst aus der Verantwortung stehlen, und ggf. werden dann ausgerechnet Menschen mit gesundem Verantwortungsbewusstsein zu Geistesgestörten ("Querulanten" o.ä.) abgestempelt.
3. Tugendhaftes, speziell christliches Leben wird von vielen nicht als der geeignete Weg toleriert, um "Stress oder Kummer zu bewältigen". Der schnelle, verantwortungslose Genuss ist da weitaus beliebter, trotz der vollkommen bekannten zerstörerischen Konsequenzen: Sexualität ("mach's mit"), Alkohol, ungeordnetes Essen etc. gelten als Heilsbringer.
4. Speziell um das Essen wird mit unzähligen Kochshows usw. usf. ein schon kultischer Aufwand betrieben, und sowohl maßloser Konsum, ggf. bis zur Fettsucht, als auch irgendwelche Wunderdiäten, ggf. bis zur Magersucht, werden überall gepredigt. S. z.B. den Artikel "Die Besser-Esser" ("Zeit", 13.09.2006): "Wird Essen zur Ersatzreligion? [...] Im Dickicht von Lebensmittelpyramiden, Empfehlungen, Nährwerttabellen und Ernährungsrichtungen fühlt man sich mittlerweile wie zwischen rivalisierenden Religionsgemeinschaften. Alle sind auf dem Kreuzzug für die irgendwie gesündere Ernährung, doch welcher der richtige Weg dahin ist, darüber scheiden sich die Geister. Abgesehen von Sex und Religion, gibt es wohl kein Gebiet, auf dem so viele Mythen, Glaubenssätze und Heilsversprechen existieren wie bei der Ernährung." Bemerkenswert: Viele Produkte, darunter auch Nahrungsmittel wie z.B. Süßigkeiten, werden ausdrücklich als "Sünde", "sündhaft", "höllisch", "teuflisch" etc. beworben oder gar so benannt. Nicht das Gute gilt als attraktiv, sondern das Böse. Die BZgA schreibt auf ihrer Essstörungs-Seite zwar viel über Beratung, Therapie etc., hält sich aber dagegen mit Kritik an dem medial zelebrierten Essenskult bemerkenswert zurück.
5. Die Kirche verkündet keine Dogmen zu Ernährungsfragen, wenngleich gelegentlich - z.B. von der hl. Hildegard von Bingen - konkrete Empfehlungen ausgesprochen wurden. Klar verurteilt ist jedoch u.a. das Laster der Maßlosigkeit; statt dessen verpflichtet die Kirche immer wieder zum Fasten, wobei nur eine einzige Sättigung und zwei kleine Stärkungen pro Tag erlaubt sind. Aber sogar der für seine strenge Askese bekannte Kirchenlehrer Hieronymus erklärte: "Kein maßloses, gewaltiges Fasten befehlen wir. Dadurch werden schwächliche Körper ruiniert. Und das Kranksein stellt sich ein, bevor das Fundament der Heiligheit gelegt ist. [...] Es ist kein Unterschied, ob du dich in langer oder kurzer Zeit umbringst. Einen Raub bringt der zum Opfer dar, der seinen Leib durch allzu schlechtes und karges Essen oder durch zu wenig Schlaf maßlos zerquält." Dieser ganze moralische Hintergrund fehlt bei der BZgA komplett.
Abschließend: Maßloses Essen ("binge eating"), ggf. mit gesundheitsschädigendem "Rückgängigmachen" durch Erbrechen o.ä. ("Bulimie"), und zerstörerischer Nahrungsverzicht ("Anorexie") sind tatsächlich Unordnungen, die es abzustellen gilt. In vielen Fällen ist allerdings - bei sich oder bei anderen - nüchtern zu prüfen, inwieweit resp. ob überhaupt psychische Hilfe erforderlich ist und ob nicht vielmehr Gewissensbildung und Charakterfestigung nötig sind. Vom kirchlichen Standpunkt ist jedenfalls auch in Sachen Ernährung ein solides, gesundes Verantwortungsbewusstsein empfehlenswert.

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