Im Schott heißt es zum heutigen Fest der hll. Apostel Petrus und
Paulus einleitend: "Treue Liebe zur heiligen römisch-katholischen
Kirche und unerschrockener Apostelmut soll die heilige Frucht sein, die
wir vom Opfer der hl. Messe mit nach Hause nehmen." Man kann einen flüchtigen
Blick auf die Anweisungen und Lehren der Apostelfürsten werfen und
davon Rückschlüsse auf den unerschrockenen Apostelmut ziehen,
den die Kirche von uns erwartet. Als Jesus voraussagt, er "müsse nach
Jerusalem gehen, von den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten
viel leiden und getötet werden, aber am dritten Tage werde er auferstehen",
da zieht Petrus Jesus an sich, macht ihm Vorhaltungen und sprach: "Gott
bewahre, Herr! Das bleibe fern von dir!" (Mt 16,21f). Und im Brief an die
Römer schreibt Paulus ausdrücklich: "lebt mit allen Menschen
in Frieden" (Röm 12,18). Aufgrund dieses flüchtigen Blickes auf
die Worte der Apostelfürsten ergibt sich folgender Grundsatz: Der
Frieden ist das höchste und wichtigste Gut, Streit ist um jeden Preis
zu vermeiden. Weil insbesondere die Verkündigung des Glaubens den
Hass und die Verfolgung seitens böser Menschen zur Folge hat, darf
also das Bekenntnis des Glaubens niemals an die Öffentlichkeit gelangen.
Im äußersten Fall hängt man vielleicht noch ein Schild
an die Tür mit der Aufschrift "katholisch", aber wer ganz sicher gehen
will, dass er mit niemandem Streit hat und mit allen Menschen in Frieden
lebt, der wird konsequent alles vermeiden, was ihn als Katholiken in der
Öffentlichkeit erkenntlich machen könnte.
Will man sich aber nicht mit einem flüchtigen Blick begnügen,
sondern will man wissen, was wirklich die Lehre der Kirche ist, ergibt
sich bei genauem Hinschauen ein anderes Bild. Nämlich auf die Vorhaltungen
seitens Petrus antwortet Jesus: "Weg von mir, Satan! Du bist mir zum Ärgernis.
Du hältst es nicht mit Gott, sondern mit den Menschen" (Mt 16,23).
In einem Kommentar (Rösch) zu dieser Stelle heißt es: "In seinem
Übereifer will Petrus den Herrn von seinem Berufe abwendig machen
und wird damit zum Widersacher Gottes." Und das Zitat aus dem Römerbrief
lautet vollständig: "Soweit es möglich ist und auf euch ankommt,
lebt mit allen Menschen in Frieden." Also wir dürfen nicht gegen die
Gerechtigkeit verstoßen. Indem wir die Gerechtigkeit wahren, tragen
wir bei zum Frieden. Wenn die gottfeindliche Welt es uns zum Vorwurf macht
und es uns als Verbrechen anrechnet, dass wir gerecht sind, dann ist eben
nicht mehr möglich, dann liegt es eben nicht mehr in unserer Hand,
mit allen Menschen in Frieden zu leben. Und wenn man auf die weiteren Lehren
und auf das Leben der Apostelfürsten schaut, wird man sehen, dass
sie oft Opfer von Ungerechtigkeit, Opfer der gottfeindlichen Welt geworden
sind. Und dass die Apostelfürsten Verfolgung und Leiden ertragen mussten,
rechnen sie sich weder selbst als Fehler an, noch wurde es ihnen von ihren
Mitbrüdern als Fehler angerechnet, noch hat die Kirche sie dafür
verurteilt. Vielmehr ehrt die Kirche die Apostelfürsten ganz ausdrücklich
auch als Märtyrer. Die Apostelfürsten haben für ihre Treue
zu Christus Verfolgung erlitten und ihr Blut vergossen. Wenn von uns also
unerschrockener Apostelmut gefordert wird, dann heißt das in letzter
Konsequenz, dass auch wir bereit sein müssen, für unsere Treue
zur römisch-katholischen Kirche Verfolgung zu erleiden, ja dass wir
sogar bereit sein müssen, einen schmachvollen, qualvollen Tod zu erleiden,
wenn es Gottes Wille ist.
Drei Dinge verdienen dabei besondere Aufmerksamkeit: 1. Der flüchtige
Blick auf die Hl. Schrift kann trügerisch sein. Kürzt man Sinnzusammenhänge,
kann sich ein verkürzter, entstellter, falscher Sinn ergeben. Es ist
nicht unsere Aufgabe, ein verkürztes, sinnentstelltes Christentum
zu erfinden, es ist unsere Aufgabe, die von Gott geoffenbarte und von der
Kirche gelehrte Wahrheit unverkürzt, unverfälscht, in ihrem ursprünglichen,
richtigen Sinn anzunehmen und weiterzugeben. Das gilt selbst dann, wenn
wir uns damit die schlimmsten Hassausbrüche und die furchtbarsten
Misshandlungen seitens der Feinde Christi einhandeln. Petrus ist der Fels,
auf dem Christus seine Kirche gebaut hat, aber nicht das Fähnlein
im Winde, dass sich jeder aktuellen Lieblingsmeinung fraglos anpasst. Treue
zur Kirche heißt dementsprechend auch felsenfeste Treue zur felsenfesten
Lehre, nicht aber willfährige Unterwerfung unter die Forderungen der
Feinde Christi, selbst dann nicht, wenn diese antichristlichen Forderungen
mit massivem Nachdruck durchgesetzt werden sollten.
2. Das Martyrium, die Hingabe seines Lebens aufgrund der Treue zu Christus,
ist keineswegs nur eine Angelegenheit für die Gründerzeit der
Kirche. Es ist keineswegs so, dass beispielsweise im 20. Jahrhundert die
Notwendigkeit der Bekenntnistreue nicht mehr bestanden hätte, so dass
man heutzutage nicht mehr verpflichtet wäre, sein Bekenntnis auch
trotz enormer Stärke der Feinde Christi aufrechtzuerhalten. Man blicke
beispielsweise auf die Enzyklika "Mit brennender Sorge", in der Papst Pius
XI. den Nationalsozialismus verurteilt. Darin schreibt der Papst u.a.:
"Mit verhüllten und sichtbaren Zwangsmaßnahmen, Einschüchterungen,
Inaussichtstellung wirtschaftlicher, beruflicher, bürgerlicher und
sonstiger Nachteile wird die Glaubenstreue der Katholiken und insbesondere
gewisser Klassen katholischer Beamten unter einen Druck gesetzt, der ebenso
rechtswidrig wie menschlich unwürdig ist. Unser ganzes väterliches
Mitgefühl und tiefstes Mitleid begleitet diejenigen, die ihre Treue
zu Christus und Kirche um so hohen Preis bezahlen müssen. Aber – hier
ist der Punkt erreicht, wo es um Letztes und Höchstes, um Rettung
oder Untergang geht, und wo infolgedessen dem Gläubigen der Weg heldenmütigen
Starkmutes der einzige Weg des Heiles ist. [...] Er, der Herz und Nieren
durchforscht (Ps. 7, 10.), ist Unser Zeuge, daß Wir keinen innigeren
Wunsch haben als die Wiederherstellung eines wahren Friedens zwischen Staat
und Kirche in Deutschland. Wenn aber – ohne unsere Schuld – nicht Friede
sein soll, dann wird die Kirche Gottes ihre Rechte und Freiheiten verteidigen
im Namen des Allmächtigen, Dessen Arm auch heute nicht verkürzt
ist."
3. Bestimmte Personen meinen, in einer Zeit, in der es so wenige katholische
Priester gibt, dürfte ein Priester sich gar nicht den Verfolgungen
aussetzen. Heute dürfte der Priester nur noch in stiller Verborgenheit
die Sakramente spenden, er dürfte niemals seine Treue zur Kirche öffentlich
bekannt machen, damit er nur ja nicht Verfolgung erleidet und an der Ausübung
seines Priestertums gehindert wird. Man bedenke: Petrus war nicht bloß
Priester, sondern der erste Papst. Ein einfacher Priester hat nicht annähernd
die gleiche Bedeutung wie ein Papst, und zudem kann er - anders als ein
Papst - prinzipiell leicht ersetzt werden. Statt sich im Verborgenen um
die Organisation der Kirche zu kümmern, nahm Petrus das Martyrium
auf sich. Ganz sicher können auch heute Priester durchaus das Recht
und sogar die Pflicht haben, Verfolgung bis zum äußersten zu
erleiden.
Hüten wir uns also vor einem verkürzten, sinnentstellten
und sinnentleerten Christentum, halten wir Christus im mutigen Bekenntnis
die unverbrüchliche Treue, um einst mit Petrus und Paulus an der Freude
des Himmels Anteil zu haben. Amen.
S. auch:
Enzyklika "Mit brennender Sorge" ["Cum Cura
ardenti"]
Die Klageschrift der Terroristengruppe "Sozietät
Redeker"