Predigt am 29.06.2003

- Petrus und Paulus, d I cl oct comm -
(Kirche zum Mitreden, 29.06.2003)
Apg 12,1-11; Mt 16,13-19

Im Schott heißt es zum heutigen Fest der hll. Apostel Petrus und Paulus einleitend: "Treue Liebe zur heiligen römisch-katholischen Kirche und unerschrockener Apostelmut soll die heilige Frucht sein, die wir vom Opfer der hl. Messe mit nach Hause nehmen." Man kann einen flüchtigen Blick auf die Anweisungen und Lehren der Apostelfürsten werfen und davon Rückschlüsse auf den unerschrockenen Apostelmut ziehen, den die Kirche von uns erwartet. Als Jesus voraussagt, er "müsse nach Jerusalem gehen, von den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten viel leiden und getötet werden, aber am dritten Tage werde er auferstehen", da zieht Petrus Jesus an sich, macht ihm Vorhaltungen und sprach: "Gott bewahre, Herr! Das bleibe fern von dir!" (Mt 16,21f). Und im Brief an die Römer schreibt Paulus ausdrücklich: "lebt mit allen Menschen in Frieden" (Röm 12,18). Aufgrund dieses flüchtigen Blickes auf die Worte der Apostelfürsten ergibt sich folgender Grundsatz: Der Frieden ist das höchste und wichtigste Gut, Streit ist um jeden Preis zu vermeiden. Weil insbesondere die Verkündigung des Glaubens den Hass und die Verfolgung seitens böser Menschen zur Folge hat, darf also das Bekenntnis des Glaubens niemals an die Öffentlichkeit gelangen. Im äußersten Fall hängt man vielleicht noch ein Schild an die Tür mit der Aufschrift "katholisch", aber wer ganz sicher gehen will, dass er mit niemandem Streit hat und mit allen Menschen in Frieden lebt, der wird konsequent alles vermeiden, was ihn als Katholiken in der Öffentlichkeit erkenntlich machen könnte.
Will man sich aber nicht mit einem flüchtigen Blick begnügen, sondern will man wissen, was wirklich die Lehre der Kirche ist, ergibt sich bei genauem Hinschauen ein anderes Bild. Nämlich auf die Vorhaltungen seitens Petrus antwortet Jesus: "Weg von mir, Satan! Du bist mir zum Ärgernis. Du hältst es nicht mit Gott, sondern mit den Menschen" (Mt 16,23). In einem Kommentar (Rösch) zu dieser Stelle heißt es: "In seinem Übereifer will Petrus den Herrn von seinem Berufe abwendig machen und wird damit zum Widersacher Gottes." Und das Zitat aus dem Römerbrief lautet vollständig: "Soweit es möglich ist und auf euch ankommt, lebt mit allen Menschen in Frieden." Also wir dürfen nicht gegen die Gerechtigkeit verstoßen. Indem wir die Gerechtigkeit wahren, tragen wir bei zum Frieden. Wenn die gottfeindliche Welt es uns zum Vorwurf macht und es uns als Verbrechen anrechnet, dass wir gerecht sind, dann ist eben nicht mehr möglich, dann liegt es eben nicht mehr in unserer Hand, mit allen Menschen in Frieden zu leben. Und wenn man auf die weiteren Lehren und auf das Leben der Apostelfürsten schaut, wird man sehen, dass sie oft Opfer von Ungerechtigkeit, Opfer der gottfeindlichen Welt geworden sind. Und dass die Apostelfürsten Verfolgung und Leiden ertragen mussten, rechnen sie sich weder selbst als Fehler an, noch wurde es ihnen von ihren Mitbrüdern als Fehler angerechnet, noch hat die Kirche sie dafür verurteilt. Vielmehr ehrt die Kirche die Apostelfürsten ganz ausdrücklich auch als Märtyrer. Die Apostelfürsten haben für ihre Treue zu Christus Verfolgung erlitten und ihr Blut vergossen. Wenn von uns also unerschrockener Apostelmut gefordert wird, dann heißt das in letzter Konsequenz, dass auch wir bereit sein müssen, für unsere Treue zur römisch-katholischen Kirche Verfolgung zu erleiden, ja dass wir sogar bereit sein müssen, einen schmachvollen, qualvollen Tod zu erleiden, wenn es Gottes Wille ist.
Drei Dinge verdienen dabei besondere Aufmerksamkeit: 1. Der flüchtige Blick auf die Hl. Schrift kann trügerisch sein. Kürzt man Sinnzusammenhänge, kann sich ein verkürzter, entstellter, falscher Sinn ergeben. Es ist nicht unsere Aufgabe, ein verkürztes, sinnentstelltes Christentum zu erfinden, es ist unsere Aufgabe, die von Gott geoffenbarte und von der Kirche gelehrte Wahrheit unverkürzt, unverfälscht, in ihrem ursprünglichen, richtigen Sinn anzunehmen und weiterzugeben. Das gilt selbst dann, wenn wir uns damit die schlimmsten Hassausbrüche und die furchtbarsten Misshandlungen seitens der Feinde Christi einhandeln. Petrus ist der Fels, auf dem Christus seine Kirche gebaut hat, aber nicht das Fähnlein im Winde, dass sich jeder aktuellen Lieblingsmeinung fraglos anpasst. Treue zur Kirche heißt dementsprechend auch felsenfeste Treue zur felsenfesten Lehre, nicht aber willfährige Unterwerfung unter die Forderungen der Feinde Christi, selbst dann nicht, wenn diese antichristlichen Forderungen mit massivem Nachdruck durchgesetzt werden sollten.
2. Das Martyrium, die Hingabe seines Lebens aufgrund der Treue zu Christus, ist keineswegs nur eine Angelegenheit für die Gründerzeit der Kirche. Es ist keineswegs so, dass beispielsweise im 20. Jahrhundert die Notwendigkeit der Bekenntnistreue nicht mehr bestanden hätte, so dass man heutzutage nicht mehr verpflichtet wäre, sein Bekenntnis auch trotz enormer Stärke der Feinde Christi aufrechtzuerhalten. Man blicke beispielsweise auf die Enzyklika "Mit brennender Sorge", in der Papst Pius XI. den Nationalsozialismus verurteilt. Darin schreibt der Papst u.a.: "Mit verhüllten und sichtbaren Zwangsmaßnahmen, Einschüchterungen, Inaussichtstellung wirtschaftlicher, beruflicher, bürgerlicher und sonstiger Nachteile wird die Glaubenstreue der Katholiken und insbesondere gewisser Klassen katholischer Beamten unter einen Druck gesetzt, der ebenso rechtswidrig wie menschlich unwürdig ist. Unser ganzes väterliches Mitgefühl und tiefstes Mitleid begleitet diejenigen, die ihre Treue zu Christus und Kirche um so hohen Preis bezahlen müssen. Aber – hier ist der Punkt erreicht, wo es um Letztes und Höchstes, um Rettung oder Untergang geht, und wo infolgedessen dem Gläubigen der Weg heldenmütigen Starkmutes der einzige Weg des Heiles ist. [...] Er, der Herz und Nieren durchforscht (Ps. 7, 10.), ist Unser Zeuge, daß Wir keinen innigeren Wunsch haben als die Wiederherstellung eines wahren Friedens zwischen Staat und Kirche in Deutschland. Wenn aber – ohne unsere Schuld – nicht Friede sein soll, dann wird die Kirche Gottes ihre Rechte und Freiheiten verteidigen im Namen des Allmächtigen, Dessen Arm auch heute nicht verkürzt ist."
3. Bestimmte Personen meinen, in einer Zeit, in der es so wenige katholische Priester gibt, dürfte ein Priester sich gar nicht den Verfolgungen aussetzen. Heute dürfte der Priester nur noch in stiller Verborgenheit die Sakramente spenden, er dürfte niemals seine Treue zur Kirche öffentlich bekannt machen, damit er nur ja nicht Verfolgung erleidet und an der Ausübung seines Priestertums gehindert wird. Man bedenke: Petrus war nicht bloß Priester, sondern der erste Papst. Ein einfacher Priester hat nicht annähernd die gleiche Bedeutung wie ein Papst, und zudem kann er - anders als ein Papst - prinzipiell leicht ersetzt werden. Statt sich im Verborgenen um die Organisation der Kirche zu kümmern, nahm Petrus das Martyrium auf sich. Ganz sicher können auch heute Priester durchaus das Recht und sogar die Pflicht haben, Verfolgung bis zum äußersten zu erleiden.
Hüten wir uns also vor einem verkürzten, sinnentstellten und sinnentleerten Christentum, halten wir Christus im mutigen Bekenntnis die unverbrüchliche Treue, um einst mit Petrus und Paulus an der Freude des Himmels Anteil zu haben. Amen.

S. auch:
Enzyklika "Mit brennender Sorge" ["Cum Cura ardenti"]
Die Klageschrift der Terroristengruppe "Sozietät Redeker"

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