Predigt am 23.11.2003

- 24. (letzter) Sonntag nach Pfingsten, sd -
(Kirche zum Mitreden, 23.11.2003)
Kol 1,9-14; Mt 24,15-35

Am heutigen letzten Sonntag nach Pfingsten richtet die Kirche ihren Blick ganz besonders auf die Wiederkunft Christi, der verheißen hat: "Sie werden den Menschensohn kommen sehen in den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit." Doch wie glaubwürdig sind die Worte Christi überhaupt, ganz konkret seine Rede über das Ende der Welt? Am liebsten verweisen die Feinde Christi auf die Ankündigung: "Ich sage euch, dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis das alles geschieht." Weil die Feinde Christi nicht verstehen, was damit gemeint ist, erklären sie, dass diese Aussage falsch ist und dementsprechend Christus nicht als glaubwürdig betrachtet werden darf. Zunächst ist zu erwidern, dass eine Aussage nicht unbedingt falsch sein muss, wenn man sie nicht versteht. Sogar einige mathematische Formeln werden von manchen Menschen nicht verstanden, deswegen müssen diese mathematischen Formeln nicht zwangsläufig falsch sein. Aber zu den Worten Christi: "Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis das alles geschieht." Seit diese Worte gesprochen wurden, sind viele Generationen vergangen, ohne das alles, was auch die Wiederkunft Christi einschließt, geschehen ist. Trotzdem lehrt die Kirche nicht, dass Christus sich da geirrt oder gar gelogen hätte. Es gibt verschiedene Erklärungsversuche: Einige dachten an das gesamte Menschengeschlecht, andere an das Geschlecht der Gläubigen, wieder andere an die Juden, außerdem bezogen einige diese Worte auf die Zerstörung Jerusalems. Nur die letzte Erklärung trägt dem Umstand Rechnung, dass mit der Formulierung "dieses Geschlecht" die Zeitgenossen Jesu gemeint sein müssen. Die wohl beste Erklärung dürfte die sein, dass bereits die Zeitgenossen Jesu die Vorzeichen des Weltendes sehen werden, dass also schon zur Zeit Jesu diese Entwicklungen anfangen, von denen Jesus spricht. Dass mit dem Greuel der Verwüstung die Zerstörung des Tempels angekündigt wurde, wird jedenfalls allgemein angenommen. Also das Problem, dass sich das Weltende weiter verzögert, als es die Worte Christi annehmen lassen, ist sicherlich kein unlösbares. Aber in einem Punkt scheint Jesus doch wohl vollkommen die Unwahrheit gesagt zu haben: "Es werden falsche Christus und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder wirken, so daß selbst die Auserwählten, wenn es möglich wäre, in Irrtum geführt würden." Diese Aussage bezieht sich nicht mehr auf die Zerstörung des Tempels, sondern auf die Zeit vor dem Weltende. Wo soll denn heutzutage noch eine Gefahr bestehen, dass überhaupt jemand in Irrtum geführt würde? Sicherlich, der Nationalsozialismus war eine gewisse Gefahr, denn er war eine antichristliche Religion, die mit christlichen Begriffen durchtränkt war. Manche nationalsozialistische Schriften könnten sogar fast schon katholikenfreundlich klingen, so dass wohl auch manche Katholiken sich von Hitler und seinen Propagandaschriftstellern haben verführen lassen. Allerdings hat die kirchliche Obrigkeit vor diesen Winkelzügen der Nationalsozialisten gewarnt. So mahnte Papst Pius XI. in seiner Enzyklika "Mit brennender Sorge": "Gottgläubig ist nicht, wer das Wort rednerisch gebraucht, sondern nur, wer mit diesem hehren Wort den wahren und würdigen Gottesbegriff verbindet. [...] Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult verherrlicht, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit vom wahren Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt." Der Nationalsozialismus versuchte sich besonders durch eine Verfälschung der Erbsündenlehre zu legitimieren, wie Hitler lehrte: "Was Frankreich, angespornt durch eigene Rachsucht, planmäßig geführt durch den Juden, heute in Europa betreibt, ist eine Sünde wider den Bestand der weißen Menschheit und wird auf dieses Volk dereinst alle Rachegeister eines Geschlechts hetzen, das in der Rassenschande die Erbsünde der Menschheit erkannt hat." Dem setzt der Papst die katholische Lehre entgegen: "Erbsünde ist die erbliche, wenn auch nicht persönliche Schuld der Nachkommen Adams, die in ihm gesündigt haben (Röm. 5, 12.), Verlust der Gnade und damit des ewigen Lebens, mit dem Hang zum Bösen, den jeder durch Gnade, Buße, Kampf, sittliches Streben zurückdrängen und überwinden muß. Das Leiden und Sterben des Gottessohnes hat die Welt vom Erbfluch der Sünde und des Todes erlöst."
Wie schlimm der Nationalsozialismus gegen die Kirche wütete, mag ein Zeugnis eines katholischen Pfarrers belegen: "Wir leben in einer Zeit des Kampfes gegen Christentum und Kirche, wie ihn unsere Väter noch nicht erlebt haben. 'Es handelt sich um die Vernichtung der Kirche und die Ausrottung des Christentums in deutschen rheinischen Landen'. Dieser Kampf ist umso gefährlicher als er mit List und Lüge, mit Drohungen, Rechtslosigkeit und offener Gewalt geführt wird und die Kirche in der Öffentlichkeit völlig wehrlos ist. Ihre einzige Hilfe ist Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene. Da gewinnt die Lehre vom Kreuze ihre ganze verpflichtende aber auch herrliche Bedeutung; da wird jeder Priester, der mutig Zeugnis ablegt für die Wahrheit, der bereit ist, sein Leben für die Seinen hinzugeben, erfahren, daß er für eine göttliche Sache steht, und die Pforten der Hölle niemals obsiegen werden."
Doch wo ist diese Bedrohung durch falsche Propheten, durch den Irrtum heute? Mehrere hundert Millionen Menschen nennen sich Katholiken, und insbesondere der deutsche Staat wacht mit unerbittlicher Härte darüber, dass nur diejenigen den Titel "katholisch" führen, denen der Staat es erlaubt. Also könnte man meinen: Irreführer haben gar keine Chance, der Pessimismus Christi bzgl. der wenigen Auserwählten war falsch. Doch was wäre, wenn die von den Nationalsozialisten nach Kräften versuchte Vernichtung der Kirche und Ausrottung des Christentums nur ein Vorspiel zu einer schlimmeren Katastrophe gewesen wäre? Was wäre, wenn der Staat sich wieder, wie es Papst Pius XI. schilderte, "zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht"? Was wäre, wenn dann kein Papst da wäre, der diese Irrtümer in einer Enzyklika verurteilen würde? Was wäre, wenn diejenigen, die sich katholisch nennen, zwar Hunderte von Millionen wären, aber nicht wirklich Katholiken, sondern Häretiker, Menschen, die sich vom katholischen Glauben entfernt haben und ihnsogar massiv bekämpfen? Was wäre, wenn unter der Überschrift "katholisch" wie schon im Nationalsozialismus auch die Erbsündenlehre umgebogen würde, etwa mit Parolen wie: "Der Begriff der Erbsünde ist mißverständlich. Denn es wird dabei nichts 'vererbt'."? Was wäre, wenn unter der Überschrift "katholische Sakramente" nur ungültige Riten abgehalten würden, die nicht nur keinerlei Gnade vermitteln, sondern direkt die Majestät Gottes beleidigen? Eine Katastrophe eines solchen Ausmaßes werden sich wohl nur die wenigsten der Zeitgenossen Jesu vorgestellt haben, sie würde aber nicht im Gegensatz zu den Worten Jesu stehen. Beten wir also, dass wir zu den Auserwählten gehören, die nicht in Irrtum geführt werden, und dass wir ein gnädiges Gericht erfahren, wenn der Menschensohn kommt in den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit. Amen.

S. auch:
Adolf Hitler, Mein Kampf
Highway to Hell
Vollstreckungsbeschluss gegen KzM

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