Predigt am 30.11.2003

- 1. Advent, sd I cl -
(Kirche zum Mitreden, 30.11.2003)
Röm 13,11-14; Lk 21,25-33

In einem Bezirk ["Diözese Linz"] einer international tätigen Großsekte wird seit kurzem eine große und teure Werbekampagne für diese Sekte durchgeführt, sicherlich auch um andere Sektenmitglieder anzuwerben, aber wohl in erster Linie, um dem stetigen Mitgliederschwund entgegenzuwirken. Diese Sekte bezeichnet sich gerne als Kirche. Bevor hier Verwirrung auftritt, sollte man im Gedächtnis behalten, dass Christus nur eine einzige Kirche gegründet hat. Die Sondergruppen, die sich durch falsche Lehren, wie auch jene, die sich durch Ablehnung der kirchlichen Hierarchie von der Kirche getrennt haben, werden von der Kirche als Sekten bezeichnet. Jedenfalls lautet der Titel dieser Sektenkampagne: "Stell dir vor - Kirche". In den verschiedenen Werbebeiträgen gibt es Bilder von einzelnen Mitglieder dieser "vorgestellten Kirche" bei ihren Hobbys, dazu noch möglichst einprägsame Überschriften und einige kurze Kommentare. Drei Beispiele: 1. "Ich kann auch anders! Lange Haare, harter Rock und bei der Kirche angestellt: Das sorgt oft für Staunen. Reini, Jugendleiter, der sich musikalisch dem traditionellen Hardrock der achtziger Jahre verschrieben hat, kennt das inzwischen. 'Ja, da können sich auch solche Leute wie ich entfalten', bricht er gerne Vorurteile auf. Vorurteile mag er ohnehin nicht." 2. "Tanzen Sie doch aus der Reihe! Der Flamenco weiß, was Leben ist: Das gefällt Irmgard, Frauenbeauftragte. Seit vielen Jahren gehört Tanzen zu ihren Hobbies." 3. "Machen Sie sich´s doch mal leichter! Steppen, Laufen, Radfahren und wenn’s ernst werden soll einen Kraftzirkel: Im Fitnessstudio tankt Martina, Kindergartenpädagogin, Kraft. 'Mir ist ein natürlicher Umgang der Kinder wichtig, soziales Lernen', sagt die junge Kindergartenpädagogin. 'Die Kinder sollen sich wohlfühlen mit mir'. Für sie hat das was mit Kirche zu tun: 'Sie ist offen für alle'." Dass man bei den Bildern keinen großen Wert auf die Einhaltung sittlicher Normen legt, versteht sich dabei fast schon von selbst. Und das Wort "Gott" kommt in der gesamten Werbekampagne gar nicht vor, erst recht ist nirgends von Glaubensunterweisung oder gar von Anbetung die Rede. Vielmehr wird die moralische Ordnung genüsslich missachtet, vielleicht am deutlichsten mit der bekanntlich satanistisch inspirierten Rockmusik, die in dieser Sekte eine große Rolle spielt. Die obersten Funktionäre fördern die Verbreitung der Rockmusik, sei es, dass sie nur Werbung für entsprechende Produkte machen und sich am Verkauf dieser Produkte bereichern, sei es, dass sie selbst Rockmusik produzieren. Die sogenannten Gottesdienste werden gerne mit Rockmusik untermalt, und das sichtbare Oberhaupt lässt sich bei seinen Massenveranstaltungen gerne als eine Art Popstar feiern, nimmt an Darbietungen von Rockmusikern teil und singt sogar dabei mit [Bob Dylan; Abbà Pater]. Die Botschaft dieser "vorgestellten Kirche" ist eindeutig: Weg von der Moral, weg von Gott. Als Ersatz gibt es dann "Wohlfühlen", indem man aus der Reihe tanzt, indem man Fahrrad fährt, indem man Theater spielt, indem man der Rockmusik frönt: alles, was Menschen Spaß macht. In diesem Zusammenhang meldete die Pressestelle des Sektenbezirks: "Im Rahmen der Image-Kampagne 'Stell dir vor – Kirche!' waren verschiedene kirchliche Einrichtungen und Persönlichkeiten, mit dem Bezirksleiter an der Spitze, in einem großen Einkaufszentrum zu Gast. Ein buntes Programm sollte den Menschen zeigen, dass die Kirche anders ist, als sie von Vielen wahrgenommen wird. 'Schau unter die Schale' stand beziehungsvoll auf den über 1000 Bananen, die von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an die Passanten verteilt wurden." Eine "Frauenbeauftragte" führte ein liturgisches Kleid vor und erläuterte den Einsatz liturgischer Kleidung für Frauen beim Gottesdienst.
Nicht alle Mitglieder dieser Sekte haben diese Werbekampagne befürwortet. Ein Sektenmitglied, das in einem anderen Bezirk wohnt, in dem die Situation wohlgemerkt identisch ist, schrieb sinngemäß: "Ganz ehrlich: Lassen sich die Mitglieder dieses Bezirks für dumm verkaufen? Tut mir leid, wenn ich als kochenharter Westfale das einmal so drastisch formulieren muss!" Offenkundig ist doch dieser Westfale der, der sich am allermeisten für dumm verkaufen lässt: Er sieht, wie es in dieser Sekte zugeht, und trotzdem will er auf Biegen und Brechen weiter in dieser Sekte und außerhalb der Kirche bleiben. Er hat sich für das Leben in einer Traumwelt entschieden, in der eine durch und durch antichristliche Gesinnung herrscht. Seine Frage wurde auch von einem anderen Schreiber beantwortet: "Wenn ein Mitarbeiter gegen diese Linie schwimmt, hat er von den ach so toleranten Herren doch einiges zu fürchten. Du ahnst gar nicht, wie jemand, der bei diesem Laientheater nicht mitmacht ganz schön eine über die Rübe bekommen kann." Die Träumerei kennt offensichtlich keine Grenzen. Man will nicht wahrhaben, dass das Chaos von der Sektenleitung geplant ist und durchgesetzt wird. Man muss also leider feststellen, dass sehr, sehr viele Menschen sich für eine Traumwelt entschieden haben, in der Gott, Glaube und Sakramente keinen Platz haben. Und statt diesen Albtraum der Gottlosigkeit zu verlassen, unterstützt man sich gegenseitig im Träumen und reiht Träumerei an Träumerei.
Am heutigen ersten Adventssonntag stellt die Kirche uns wieder die Worte des hl. Paulus vor: "Die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehen." Wollen wir vom Schlafe aufstehen? Wollen wir die Werke der Finsternis ablegen und anziehen die Waffen des Lichts? Und wenn wir den Albtraum der Gottlosigkeit hinter uns gelassen haben - wollen wir dann auch wie der hl. Paulus anderen zurufen: "Die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehen." Es ist Zeit, sich aus der Traumwelt zu verabschieden, es ist Zeit, die Realität zu sehen und dementsprechend zu handeln. Wie hat die Welt es Paulus gedankt, dass er sie aus ihrem Schlaf wecken wollte? Paulus war mehrfach in Gefangenschaft, zwei Jahre in Cäsarea, zwei Jahre in Rom; er wurde insbesondere von den Juden mehrfach misshandelt, darunter ausgepeitscht und gesteinigt; nach einer Reise in den Orient wurde er, wieder in Rom, erneut in Gefangenschaft gesetzt und schließlich mit dem Schwert hingerichtet. Und die Advents- und Weihnachtszeit ist sicherlich nicht ganz so zuckersüßlich, wie uns die Werbung gerne glauben lassen möchte: Das heutige Fest des Apostels Andreas wird in der morgigen Liturgie nachgeholt; Andreas wurde gekreuzigt. Am 4. Dezember ist das Fest der hl. Barbara; gemäß der Legende war ihr Vater Heide und lieferte sie der Christenverfolgung aus, wo sie qualvoll zu Tode gemartert wurde. Am 21. Dezember ist das Fest des Apostels Thomas, der ebenfalls als Märtyrer starb. Und am ersten Tag nach Weihnachen feiert die Kirche den ersten Märtyrer der Kirche, den Diakon Stephanus. Wer will angesichts soviel irdischen Leids, das aus dem Bekenntnis des wahren Glaubens erwachsen kann, es verdenken, dass die meisten Menschen lieber einer Traumwelt frönen mit Rockmusik, aus der Reihe tanzen und Theater spielen, und dass sie diese Traumwelt sich und anderen als "Kirche" vorstellen? Wozu vom Schlafe aufstehen, wenn doch Hass, Verfolgung, Leid und Martyrium die Folge sein können? Da verteilt man doch lieber in einem Einkaufszentrum Bananen und erläutert den Einsatz liturgischer Kleidung für Frauen beim Gottesdienst. Also wer weiterträumen möchte, ist sicher nicht allein. Wer aber vom Schlafe aufsteht, muss damit rechnen, Einsamkeit zu erfahren, muss damit rechnen, von der großen Masse der entschiedenen Dauerträumer verspottet zu werden. Doch wir leben nicht für ein irdisches Glück, sondern für die Gemeinschaft mit Christus, die im Himmel ihre Vollendung finden wird. Amen.

S. auch:
"Diözese Linz"
THE DIZZY SATELLITES
Musik zum Träumen
Vollstreckungsbeschluss gegen KzM

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