Pseudo-Nazi-Eklat um "Jedem den Seinen" bei Tchibo und Esso

- Pressemitteilung -
(Kirche zum Mitreden, 14.01.2009)
Die deutsche Einzelhandelskette Tchibo und der Mineralölkonzern Esso haben mit ihrem Kaffee-Werbespruch "Jedem den Seinen" einen Sturm der öffentlichen Entrüstung ausgelöst; der Vorwurf: "Jedem den Seinen" erinnere an den "Nazi-Spruch" "Jedem das Seine".
In den Medien wird nun exzessiv Empörung zelebriert, wofür gerne auch entsprechende Wortführer zitiert werden, z.B. Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Korn bezeichnet die Kaffee-Werbung als eine "nicht zu überbietende Geschmacklosigkeit" oder ein Beispiel für "totale Geschichtsunkenntnis". In Wahrheit sind aber allenfalls solche Äußerungen wie die von Korn günstigstenfalls eine "nicht zu überbietende Geschmacklosigkeit" oder ein Beispiel für "totale Geschichtsunkenntnis".
Manche weisen darauf hin, dass die Nazis den Spruch "Jedem das Seine" über dem Eingangstor des Konzentrationslagers Buchenwald angebracht haben. Das stimmt zwar, aber dadurch wird "Jedem das Seine" trotzdem kein Nazispruch. Selbst wenn Herr Müller den kompletten Faust rezitiert, abschreibt, in Buchform verteilt etc. pp., so bleibt dennoch Goethe der Autor. Und selbst wenn ein Nazi den Satz des Pythagoras wiederholt, wird dieser Satz dadurch weder unwahr noch unmoralisch.
Sucht man also nach "Jedem das Seine" bei Wikipedia, wird man auf momentan zuerst auf den Artikel "suum cuique" verwiesen, worin es heißt: "Suum cuique geht als Grundsatz auf das antike Griechenland zurück. In der Politeia stellte Platon fest, dass Gerechtigkeit besteht, 'wenn man das Seine tut und nicht vielerlei Dinge treibt' [...] In dem politischen und juristischen Sinne 'Jedem das Seine zuteilen' wird die Formel unter anderem bei Cicero, De legibus 1, 6 19, verwendet" (gelesen bei de.wikipedia.org am 14.01.2009). Dementsprechend schreibt große Sozialethiker Heinrich Rommen, der 1933 selbst wegen Veröffentlichung von Anti-Nazi-Literatur von der Gestapo verhaftet worden war, in seinem Standardwerk "Der Staat in der katholischen Gedankenwelt" (Paderborn 1935):
"Gewisse Grundsätze sind allerdings so einleuchtend, die Werte und Güter, von denen sie sprechen, wie die Einheit des sittlichen Bewußtseins der Menschheit beweist, so unmittelbar erkennbar, daß sie als evident gelten müssen. Zum Beispiel, daß das Rechte zu tun, das Unrechte zu unterlassen sei; daß jedem das Seine gebühre. Zwar erscheinen diese Sätze zunächst etwas formal und fast inhaltsleer. Sie besagen aber, daß es Handlungen gibt, die lediglich auf Grund positiver Satzung als Unrecht erscheinen, zum Beispiel das Außerachtlassen verkehrspolizeilicher Vorschriften, und solche, die innerliches Unrecht bilden, zum Beispiel Verleumdung, Ehebruch. Denn diese stehen in einem eklatanten unversöhnlichen Widerspruch zu den Grundgegebenheiten der menschlichen Natur."
Von daher leuchtet es ein, dass jegliche Hetze gegen "Jedem das Seine" bzw. gegen offenkundig davon abgeleitete Formulierungen aufs schärfste zu verurteilen ist. Zugleich belegt der praktisch unwidersprochen gebliebene, oft sogar skrupellos nachgeplapperte Protest gegen "Jedem das Seine" eine eklatante Bildungskrise, wenn nicht gar direkte Miss-Bildung: Denn wie unbestreitbar feststeht, ist "Jedem das Seine" a) ein Satz von absolut existentieller Bedeutung, der obendrein b) unmittelbar erkennbar (evident) ist. Eine solche unerlässliche Stütze jeder gesunden Gesellschaft nicht nur nicht zu kennen, sondern auch noch rundheraus zu verurteilen, kann nicht mehr einfach als Symptom der PISA-Katastrophe abgetan werden, sondern verrät abgrundtiefe Probleme exorbitanten Ausmaßes in der gesamten sittlichen Struktur des Volkes selbst.
Da die Konzerne Tchibo und Esso durch die Medienhetze geschädigt wurden, sollten sie rechtliche Schritte prüfen, zumindest gegen die entsprechenden Agitatoren. Eine solche Verunglimpfung jeglichen gerechten Denkens sollte nicht folgenlos bleiben, zumal dies nicht der erste Fall ist, dass Werbung mit "Jedem das Seine" zu medialem Aufschrei, Werbungsstop und Entschuldigungen seitens der entsprechenden Firmen geführt hat. Tchibo und Esso sollten sich gegen die  Geschichtsunkenntnis und Lügenpropaganda durchsetzen und somit einen unverzichtbar wichtigen, längst überfälligen Beitrag zum öffentlichen Frieden leisten.

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