Gegen die Leidenschaft fürs Kochen

- Pressemitteilung: Zum Hörzu-Interview mit TV-Koch Tim Mälzer anlässlich der ARD-Themenwoche "Essen ist Leben" -
(Kirche zum Mitreden, 21.10.2010)
Die ARD hat vom 23. bis 29.10.2010 eine Themenwoche "Essen ist Leben" im Programm. Dazu hat die Programmzeitschrift "Hörzu" am 15.10.2010 ein Interview mit Tim Mälzer veröffentlicht: "Kochen ist keine Kunst"; die Einleitung: "Einfach, schnell und trotzdem gesund: Das ist das Rezept, mit dem TV-Koch Tim Mälzer schon seit Jahren erfolgreich ist. Doch Erfolg allein reicht ihm nicht, der Mann hat auch eine Mission – er möchte sein Publikum öfter an den Herd locken, die Leidenschaft fürs Kochen wecken und das Gespür für Lebensmittel verfeinern."
Aus dem Interview: »HÖRZU: Mit der Aktion "Küchen für Deutschlands Schulen" wollen Sie mehr Kinder für Kochen und gesunde Ernährung begeistern. Wie schafft man das? Tim Mälzer: Indem man Kinder in die Küche holt und sie kleine Tätigkeiten übernehmen lässt.«
Also: Unstrittig ist Essen lebenswichtig. Aber auch in Deutschland hat die weitaus überwiegende Mehrheit äußerst schwerwiegende Probleme mit dem Essen: Übergewicht, Nährstoffmangel, Essstörungen usw. usf. grassieren. Sehr viele können infolge falscher Ernährung ihre Pflichten nicht mehr ausreichend erfüllen. Insofern kann Ernährung auch ein moralisches, kirchliches Thema sein.
Jedoch wird es gegen die o.g. herrschenden Defekte wie Übergewicht etc. wohl wenig helfen, "öfter an den Herd" zu gehen; erst recht ist vorgeschriebener Kochunterricht eine äußerst fragwürdige Angelegenheit. Denn grundsätzlich besteht gar keine Notwendigkeit einer täglichen warmen Mahlzeit. Als Gründe für warme Mahlzeiten werden meist genannt: 1. Ermöglichung oder Verbesserung der Nährstoffaufnahme (Resorption) bei bestimmten Lebensmitteln, z.B. bei Kartoffeln und Möhren; 2. Hygiene, z.B. gegen Salmonellen in Eiern und Geflügel.
Allerdings: Die Vorteile der besseren Resorption werden beim Kochen häufig zunichte gemacht, indem a) die gesunden Nährstoffe zerkocht und b) unnötig Salz, Zucker, Fett zugesetzt werden. Ferner muss man nicht jeden Tag Kartoffeln und Geflügel essen. Und v.a.: "Kochen" wird allgemein nicht bloß als "Erwärmung von Lebensmitteln" verstanden, sondern eben als Kombinieren und Abschmecken von Lebensmitteln. Zum bloßen Erwärmen taugt ein Dampfgarer oft sogar weitaus besser als Pfanne oder Kochtopf: Man muss nicht lange am Herd stehen, und die Nährstoffe bleiben oft viel besser erhalten.
Besserer Geschmack oder größere Abwechslung beim Essen können nicht ernsthaft als Gründe für eine tägliche warme Mahlzeit angeführt werden. Viele Lebensmittel schmecken kalt mindestens genauso gut, und sehr viele Lebensmittel werden sinnvollerweise ohnehin nur kalt verzehrt. Zudem: Gemüse aus dem Dampfgarer kann weitaus besser schmecken als zerkochtes Gemüse, begraben unter einer Schicht aus fettiger Sauce, Salz und Zucker. Und dank der Anwendungsvielfalt eines Dampfgarers ist der mögliche Abwechslungsreichtum noch weit größer. Eine fast ausschließlich kalte Ernährung resp. der Verzicht auf ausgedehnte Koch-Orgien hat somit sehr viele gute Gründe.
Wie auf vielen Gebieten, so lässt sich auch im Bereich der Ernährung also eine Verdrehung der richtigen Werte feststellen. Statt - zumindest primär - den eigentlichen Sinn einer Handlung zu betrachten, wird alles dem Spaßprinzip unterworfen. Isst man, um zu leben, oder lebt man, um zu essen?
Der Verf. empfiehlt grundsätzlich, einen festen täglichen Speiseplan zu erstellen, mit dem man seinen Körper täglich optimal versorgen kann: Kein langes Grübeln über das jeweilige Essen, keine lange Zubereitungszeit und keine hohen Stromkosten, keine Gewissensbisse und kein Schwächegefühl vom zu geringen oder zu umfangreichen Essen. Die Disziplin beim Essen ist Ausdruck eines disziplinierten Lebens, was wiederum ein kirchliches Thema ist.
Abschließend noch ein Ausschnitt aus dem Hörzu-Interview mit Tim Mälzer:
"HÖRZU: Aber Salat macht ja nicht satt, oder? Tim Mälzer: Natürlich macht er satt. Für eine Doku habe ich meine Ernährung eine Woche lang nur auf Salat umgestellt. Und die ersten drei Tage waren die Hölle. Nicht weil ich hungrig war, sondern weil ich Geschmack vermisst habe. Das war wie Entzug. Aber dann habe ich mir verschiedene Rezepte überlegt, und nach drei Tagen war es fast normal für mich, mein Körper hatte sich darauf eingestellt. HÖRZU: Und wie ging es Ihnen nach der Salatwoche? Tim Mälzer: Ich bin normalerweise ein Essen-Narkoleptiker: Nach dem Essen schreit das Sofa nach mir. Diese Müdigkeit war komplett weg. Völlegefühl und Blähbauch hatte ich auch nicht mehr, weil ich kleinere Portionen gegessen habe – und dafür regelmäßiger."

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Leserbrief v. 16.10.2010 an Hörzu
((noch?) nicht veröffentlicht, Stand 21.10.2010)
a****
Zu: "Kochen ist keine Kunst"
TV-Koch Tim Mälzer
Artikel vom 15. Oktober 2010
Kochen ist keine Notwendigkeit. Es ist für viele unsinnig, überhaupt kochen zu lernen.
Beim Kochen verbrät man v.a. seine Zeit, von den sonstigen Kosten für Energie etc. mal ganz zu schweigen.
Der Grundsatz "Täglich eine warme Mahlzeit" ist ebenfalls unsinnig. Von speziellen Fällen abgesehen, besteht keine dauerhafte Notwendigkeit für warme Mahlzeiten.
Gelegentliche warme Mahlzeiten gehen sicher in Ordnung. Aber für viele besteht "Kochen" doch darin, gesunde Lebensmittel durch ungesunde Zusätze (Überschüsse an Zucker, Salz, Fett etc.) zu belasten oder gar regelrecht zu "zerkochen". Die richtige Alternative: Möhren, Kartoffeln, Kohl etc. dampfgaren - fertig.
Am besten ist m.E. ein nahezu statischer täglicher Speiseplan, der aus vielen gesunden abwechslungsreichen Komponenten besteht. Man isst also täglich praktisch dasselbe - und versorgt sich immer optimal. Minimaler Aufwand - maximaler Gewinn.
****e

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