Auf V2 wurde diese Kehrtwende schon in verschiedenen Dekreten festgeschrieben. V2 basiert auf dem Willen Roncallis ("Johannes XXIII."), alles an die "heutige Zeit" (???) anzupassen, was er mit dem Schlagwort "Aggiornamento" ("Verheutigung") propagierte. Kontinuität hatte ab Roncalli keinen Platz mehr im Vatikan, alles mußte "verheutigt", d.h. den jeweiligen Bedürfnissen der Gegenwart "je neu" unterworfen werden.
Exemplarisch einige Zitate aus V2, die vom Priestertum handeln:
Der Schlachtplan wurde im "Dekret über die Ausbildung der Priester"
(Optatam Totius) vorgezeichnet, das mit den bezeichnenden Worten beginnt:
"Die erstrebte Erneuerung der gesamten Kirche hängt
zum großen Teil vom priesterlichen Dienst ab, der vom Geist Christi
belebt ist; dessen ist sich diese heilige Synode voll bewußt. Deshalb
unterstreicht sie die entscheidende Bedeutung der priesterlichen Ausbildung
und weist einige grundlegende Leitsätze auf; durch sie sollen die
schon durch Jahrhunderte praktisch bewährten Gesetze bestätigt
und Neuerungen in sie eingeführt werden,
die den Konstitutionen und Dekreten dieses Heiligen Konzils wie auch den
veränderten Zeitumständen entsprechen" (OT 1; zit. nach K. Rahner,
H. Vorgrimler, Kleines Konzilskompendium, Freiburg (19)1986, 293).
Die V2-Priester sollen kein geschichtliches Bewußtsein mehr haben
und sich auch nicht mehr auf Althergebrachtes berufen können, vielmehr
soll ihnen das neue "Kirchenbild" der V2-Sekte eingetrichtert werden, demzufolge
z.B. die Kirche nicht wirklich die Kirche Christi ist (wobei zu beachten
ist, daß die V2-Sekte wirklich nicht die Kirche Christi ist) und
damit natürlich auch keine Heilsnotwendigkeit besitzt: "Ebenso lenke
man bei der Behandlung des kanonischen Rechtes und bei der Darlegung der
Kirchengeschichte den Blick auf das Mysterium der Kirche im Sinne der Dogmatischen
Konstitution 'Über die Kirche', die von der Heiligen Synode erlassen
wurde" (OT 16 (306)). - Zu dieser "Dogmatische Konstitution" s. u.a. die
Hinweise in den "Anmerkungen zum Sedisvakanz-Text".
Statt Vertreter der Wahrheit sollen die V2-Priester Ökumeniker sein:
"Unter angemessener Berücksichtigung der regionalen Verhältnisse
führe man die Alumnen [Priesterkandidaten] zu einer volleren Kenntnis
der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die vom Apostolischen Römischen
Stuhl getrennt sind, damit sie zur Förderung der Wiederherstellung
der Einheit unter allen Christen nach den Vorschriften dieser Heiligen
Synode beizutragen vermögen" (ebd. (307)). Natürlich wird in
den V2-Texten zur Verschleierung auch öfters mit den Begriffen "Wahrheit"
und "Irrtum" gespielt, man darf sich aber durch solche Floskeln nicht irritieren
lassen.
Monastisches Leben und damit verbunden Entsagung paßt nicht in
die V2-Sekte, also muß auch hier die Axt angesetzt werden. Zu diesem
Zweck entstand das "Dekret über die zeitgemäße Erneuerung
des Ordenslebens" (Perfectae Caritatis). Der zielstrebige Abbau aller Relikte
aus katholischer Zeit wird dabei vorgezeichnet: "Zeitgemäße
Erneuerung des Ordenslebens heißt: ständige Rückkehr zu
den Quellen jedes christlichen Lebens, und zum Geist des Ursprungs der
einzelnen Institute, zugleich aber deren Anpassung an die veränderten
Zeitverhältnisse. Diese Erneuerung ist unter dem Antrieb des
Heiligen Geistes und unter der Führung der Kirche nach folgenden Grundsätzen
zu verwirklichen: [a), b)] c) Alle Institute sollen am Leben der Kirche
teilnehmen und sich entsprechend ihrem besonderen Charakter deren Erneuerungsbestrebungen
- auf biblischem, liturgischem, dogmatischem, pastoralem, ökumenischem,
missionarischem und sozialen Gebiet - zu eigen machen und sie nach Kräften
fördern" (PC 2 (318)).
Kurze Erläuterungen zu den "Erneuerungsbestrebungen":
- biblisch: Degradierung der Heiligen Schrift von einer Offenbarungsquelle
zum Märchenbuch, ermöglicht durch die sog. "historisch-kritische
Methode";
- liturgisch: Abschaffung der katholischen Sakramente, statt dessen
gotteslästerliche und menschenverherrlichende, größtenteils
ungültige Riten, z.B. statt des Meßopfers nur noch eine Mahlfeier;
- dogmatisch: statt gläubigen Durchdringens der Offenbarung nun
Infragestellung der Dogmen und offener Unglaube;
- ökumenisch: Vereinigung aller Völker im Kampf gegen die
Wahrheit;
- missionarisch: Abschied von der Verkündigung des Glaubens, statt
dessen rein humanistische Tätigkeit.
Schließlich muß dem Ansehen des Priesters, wie es z.B. in
der üblichen Anrede "Hochwürden" zum Ausdruck kommt, der Todesstoß
versetzt werden, und dies geschieht, indem man den fundamentalen Unterschied
zwischen Klerus und Laienschaft einebnet. Die feierliche Verabschiedung
des Priestertums wird vorbereitet im "Dekret über Dienst und Leben
der Priester" (Presbyterorum Ordinis):
"Die Priester sollen die Würde der Laien und die bestimmte Funktion,
die den Laien für die Sendung der Kirche zukommt, wahrhaft anerkennen
und fördern. Sie mögen auch mit Bedacht die gebührende Freiheit,
die allen im bürgerlichen Bereich zusteht, achten. Sie sollen gern
auf die Laien hören, ihre Wünsche brüderlich erwägen
und ihre Erfahrung und Zuständigkeit in den verschiedenen Bereichen
des menschlichen Wirkens anerkennen, damit sie gemeinsam mit ihnen die
Zeichen der Zeit verstehen können. Sie sollen die Geister prüfen,
ob sie aus Gott sind, und die vielfältigen Charismen der Laien, schlichte
wie bedeutendere, mit Glaubenssinn aufspüren, freudig anerkennen und
mit Sorgfalt hegen. Unter den Gaben Gottes, die sich reichlich bei den
Gläubigen finden, verdienen die eine besondere Pflege, die nicht wenige
in einem intensiveren geistlichen Leben anspornen. Ebenso sollen sie vertrauensvoll
den Laien Ämter zum Dienst in der Kirche anvertrauen, ihnen Freiheit
und Raum zum Handeln lassen, ja sie sogar in kluger Weise ermuntern, auch
von sich aus Aufgaben in Angriff zu nehmen" (PO 9 (577)).
Also, Ihr Laien, auf in den Kampf gegen die Kirche - "DAS Konzil" will
es so; s. auch die Leserbriefe vom 29.11.1997,
die sich der vatikanischen Instruktion über die Laien widmen.
Mit den neuen "Weiheformeln" der V2-Truppe wurde dann endlich - wenn
auch noch inoffiziell - das Ende der priesterlichen Sukzession besiegelt;
zwar besteht im katholischen Raum Uneinigkeit darüber, ob im Falle
einer V2-"Priesterweihe" nicht vielleicht doch ein gültiges Sakrament
gespendet wurde und vielleicht eine bedingungsweise Spendung der katholischen
Priesterweihe genügen würde; einhellig wird aber die Gültigkeit
der V2-"Bischofsweihe" abgestritten. Sobald also in der Weihelinie eines
V2-Mannes eine V2-"Bischofsweihe" auftaucht, erkennt kein Katholik den
so "Geweihten" als Priester an.
Der Beweis für die Ungültigkeit der Neo-Bischofsweihen ist
leicht zu erbringen: In den Worten, der Form des Sakramentes, ist kein
Hinweis darauf enthalten, daß das Bischofsamt weitergegeben werden
soll. Man vergleiche (Übersetzungen aus dem lateinischen Original;
die offiziellen Formen variieren nicht wesentlich):
|
|
Vollende in Deinem Priester die Fülle Deines Dienstes und, mit
dem Schmuck der gesamten Verherrlichung ausgestattet, heilige ihn mit dem
Tau himmlischer Salbung.
|
Und nun gieße aus über diesen Erwählten jene Kraft, die von Dir stammt, den vorzüglichen Geist [Spiritum Principalem], den Due Deinem geliebten Sohn Jesus Christus gegeben hast, den Er selbst den heiligen Aposteln gegeben hat, die die Kirche an den einzelnen Orten als Dein Heiligtum errichtet haben, zum unvergänglichen Ruhm und Lob seines Namens. |
Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß die Priesterweihe nach
göttlichem Recht gültig nur
an Männer weitergegeben werden kann; Frauen sind gänzlich unfähig,
eine sakramentale Weihe gültig zu empfangen. Dennoch kommt bei den
V2-Leuten die Diskussion nicht zur Ruhe, ob man Frauen nicht wenigstens
in das Diakonat (und später dann auch in das Presbyterat) aufnehmen
kann.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf einen Text der
V2-"Theologen" Ulrich Lüke und Hans Werners, die sich mit dem Wojtyla-Dokument
"Ordinatio sacerdotalis" beschäftigen, in dem der Pole erklärt:
"Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit,
die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt
wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken
(vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die
Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche
endgültig an diese Weisung zu halten haben."
Lüke / Werners sprechen den Worten Wojtylas nun bindende Kraft
ab - aber nicht, weil sie Wojtyla nicht als Papst anerkennen, sondern weil
sie den Wert des Schreibens und seine "Argumentation" nicht als bindend
anerkennen. Erwähnenswert ist der Kommentar von Lüke / Werner
eigentlich nur wegen des Satzes: "Da nach allem, was wir wissen, sicher
ist, daß Jesus Christus im strengen Sinne gar keine Bischof-, Priester-
oder Diakonenweihen eingeführt hat, sondern daß diese – man
studiere die Entwicklung der kirchlichen Ämter, in der der Kirche
gegebenen allgemeinen Vollmacht erst nach ihm eingeführt wurden –
ihrerseits keineswegs mühelos auf das Apostelamt zurückgeführt
werden können und sogar regional und temporal sehr unterschiedlich
ausgestaltet wurden, kann auch keine Rede davon sein, Jesus habe die Frauen
von diesen Ämtern ausgeschlossen wissen wollen."
M.a.W.: Es gibt gar keine Weihe, und wenn es keine Weihe gibt, ist
auch nicht einsichtig, warum man Frauen von dieser Nicht-Weihe ausschließen
sollte.
Diese beiden V2-Leute, der eine (Lüke) noch in Amt und Würden,
der andere (Werners) bereits verstorben und da, wo er nach Gottes Gericht
hingehört, haben den radikalen Bruch mit der kirchlichen Tradition
bis in die letzte Phase vollzogen: Ausdrücklich gibt es nur noch gesellschaftlich
beauftragte Vorsteher, aber kein sakramentales Priestertum (was notwendig
die Existenz der meisten anderen Sakramente ausschließt).
V2 forderte also eine totale Abkehr von der katholischen Kirche, darunter
auch von der katholischen Priesterausbildung, und so waren die katastrophalen
Zustände in den V2-"Priesterseminaren" eine notwendige Folge des Umbruchs.
Vor einigen Jahren berichteten mehrere V2-Magazine, die von den Ultralinken
der Konzilssekte als "rechts" eingestuft werden, über die Zustände
in deutschen "Priesterseminaren", womit die Brutstätten für die
Agitatoren des konziliaren Umbruchs gemeint sind. Es gab z.B. Beiträge
in "Theologisches", in der "Offerten-Zeitung" und in der "Una-Voce-Korrespondenz";
die Artikel waren häufig von den (z.T. ehemaligen) Seminaristen selbst
verfaßt worden. Die V2-Priesterausbildung bietet zwar nach außen
hin vielleicht bisweilen noch einen halbwegs seriösen Eindruck, die
Insider-Berichte informierten dann über die tatsächliche Situation.
Als dadurch quasi jedem V2-Sektierer die diabolische Raffinesse, mit der
junge Männer, die ja die katholische Kirche nicht mehr kennengelernt
haben, manipuliert werden, um später möglichst viele Seelen in
die Hölle zu führen, klar gemacht worden war, hätte man
eine Welle des Protestes und einschneidende Maßnahmen erwarten können
- geschehen ist aber nichts: Nach wie vor führen die Herren "Theologieprofessoren"
und "Seminarleiter" eine erbarmungslose Diktatur, deren Ziel die absolute
Vernichtung alles Katholischen ist.
Joseph Ratzinger, auf die katastrophalen Zustände hingewiesen,
schrieb in einem persönlichen Brief, die Lage sei ihm "nicht unbekannt";
Ratzinger wollte aber partout nichts gegen die Mißstände unternehmen
- warum wohl? Rückendeckung erhielten die Irreführer nicht zuletzt
von Obertruppenführer Wojtyla, der in einem Schreiben zur Priesterausbildung
vehement die V2-Gehirnwäsche verteidigte. Engagierte und profitorientierte
Heuchler wie der Konzilskirchenrechtler Georg May, der sich übrigens
durch seine enge Zusammenarbeit mit der "Una Voce Korrespondenz" einen
konservativen Anstrich geben möchte, tragen ihren Teil dazu bei, daß
den teuflischen Verführungen nur ja nichts entgegengesetzt wird.
Die Diskussionen um den Liberalismus im Seminar scheinen mittlerweile wirkungslos verklungen zu sein - eben deswegen, weil in der Konzilssekte nicht wirklich der Wunsch bestehen kann, den Liberalismus zu bekämpfen; V2 ist der "dogmatisierte" Liberalismus.
Zur Erinnerung an die Zeit, in der die sog. "Konservativen" die Mißstände
in Seminaren mit Bedauern zur Sprache brachten, geben wir hier einen kurzen
Leserbrief aus der "Una Voce Korrespondenz", Heft 2/1993, S. 161f, wieder.
Diesem Brief war die Veröffentlichung eines Erfahrungsberichtes (quasi
zweigeteilt: zunächst kurz und anonym, dann ausführlich und mit
Namen), den ein Freiburger Seminarist der UVK zugeschickt hatte, vorausgegangen.
Nach diesen Veröffentlichungen gab es dann massive Drohungen seitens
der Konzilsfunktionäre in Freiburg, vertreten durch einen Dr. Stadel,
gegen die UVK, weil - obendrein berechtigte - Kritik am V2-Regime geäußert
worden war. In dieser Situation ist der Leserbrief entstanden.
Das im folgenden beschriebene "Theologenkonvikt des Bistums Essen"
in Bochum gab es nie - weil es nie ein "Bistum Essen" gab. Der Kirchenhasser
Hengsbach, späterer Wojtyla-Kardinal, wurde zwar noch gültig
zum Bischof geweiht, die "Errichtung" des "Bistums" erfolgte aber unter
Angelo Roncalli ("Johannes XXIII."), dem ersten Scheinpapst unseres Jahrhunderts,
der also bereits keine Jurisdiktion besaß und damit auch kein Bistum
errichten konnte.
Die geplante Abschaffung des Priestertums kann angesichts dieses Leserbriefes nicht übersehen werden: Das ganze Sinnen und Trachten der Konzilsfunktionäre geht dahin, den Gedanken des Heiligen, Erhabenen, Ehrfurchtgebietenden aus den Köpfen und Herzen herauszuhämmern - koste es, was es wolle. Den Seminaristen wurde eingeimpft, die Kirche habe sich bis zum Tode von Papst Pius XII. auf einem Irrweg befunden, die neue Kirche sei nun geprägt von "Harmony and Understanding" (New Age), an die Stelle von Brüderlichkeit sei nun "Geschwisterlickeit" getreten, statt dem Bild eines lieblosen, strafenden Gottes käme nun endlich die grenzenlose Güte und allverzeihende Liebe Gottes zum Vorschein (Häresie der "Apokatastasis", derzufolge alle, alle zwangsläufig in den Himmel kommen).
Im Leserbrief fehlt ein Hinweis auf den Wandel, den das Seminar in den Jahren nach V2 durchgemacht hat - verständlich, woher sollte ein junger Mann z.B. etwas von Seminaristen in Soutane wissen, wenn er nur ein paar schlotende, oft betrunke Hippies in Jeans als Seminaristen sieht, die sich permanent "Herrenwitze" erzählen, ihren ganzen Spott über die "vorkonziliare" Kirche ausgießen, die mit Blasphemien nicht geizen und v.a. leidenschaftlich Frauenkontakte pflegen? Ein Bekannter, der in dem Aachener "Priesterseminar" (Bonn) eine Zeitlang als "Seminarist" hauste, erzählte uns, ein Hausbewohner habe am Schwarzen Brett im Seminar das Klappbild vom "Playmate des Monats" aufgehängt, was folgenlos von allen akzeptiert wurde. Als dann unser Bekannter das Bild abnahm, wurde er vom Regens getadelt und verpflichtet, das Bild wieder aufzuhängen. - Mit derlei Geschichten aus deutschen Seminaren käme man wohl an kein Ende.
Nun erschien vor wenigen Tagen im "Pfarrbrief" der V2-Gruppe in der
Kirche "St. Urbanus", Gelsenkirchen-Buer (s. auch den Text "Buerer
Allerlei"), ein Interview mit dem jetzigen "Regens" des "Priesterseminars",
also über genau das Institut, über das der obige Leserbrief schreibt.
Bestenfalls sind die Zustände jetzt nur genauso katastrophal wie vor
sechs Jahren; der jetzige "Regens" war zu der Zeit, über die der obige
Leserbrief handelt, der "Präfekt" und "promovierte" gerade.
Als Regens bin ich der Ausbildungsleiter für junge Männer, die Priester werden wollen. Abiturienten oder junge Männer mit Berufsausbildung melden sich bei Interesse am Priesterberuf bei uns im Priesterseminar. In einem Gespräch stellen wir unsere Ausbildung vor. Dann überlegen wir, wie ein Bewerber in die Priesterausbildung einsteigen könnte oder ob er sich erst noch die Zulassung für das Studium erarbeiten muß. Wenn ein Bewerber als Kandidat in das Seminar aufgenommen werden kann, beginnt die Zeit der Berufsklärung. Ich muß dann dafür sorgen, daß während der Studienzeit der Kandidat prüfen kann, ob er wirklich Priester werden möchte, und daß der Bischof durch mich Klarheit darüber bekommen kann, ob der Kandidat für den Priesterberuf geeignet ist. Wenn dann nach insgesamt fünf Jahren das Studium beendet ist, ist es meine Aufgabe, zusammen mit den Dozenten für den Pastoralkurs und den Anleitern in einer Praktikumspfarrei den Seminaristen auf die Arbeit in einer Gemeinde als Priester vorzubereiten. In St. Urbanus ist zur Zeit Thomas Pulger in dieser Ausbildungsphase (s. S. 7). Er lernt jetzt kennen, was in einer Gemeinde alles auf einen Priester zukommt, arbeitet in vielen Bereichen mit und "übt", was er später als Kaplan tun wird. Nach sieben Studien- und Ausbildungsjahren darf ich dann unserem Bischof die Diakone zur Priesterweihe vorstellen. Nach den ersten Dienstjahren als Kapläne sind die jungen Mitbrüder schließlich aus meiner Zuständigkeit entlassen.
In den letzten Jahren kursiert das Wort "Priestermangel"
in Deutschland und damit auch in unserem Bistum Essen. Stimmen Sie mit
dieser Einschätzung überein? Was sagt die Statistik?
Das Priesterseminar ist in den letzten Jahren immer kleiner
geworden. Wir rechnen damit, daß für viele priesterliche Aufgaben
in den kommenden Jahren kein Priester mehr zur Verfügung steht. Dafür
werden wir im Bistum Essen zu wenige Priester haben. Darin besteht unser
Priestermangel. Wir sorgen jetzt dafür, daß wir die Aufgaben
der Priester neu bestimmen. Der Bischof wird entscheiden, in welchen Diensten
er durch einen Priester "vertreten" sein will. Auf diese Weise können
wir Priester gezielt ihren Dienst tun lassen und dazu beitragen, daß
sie die richtigen Lebens- und Arbeitsbedingungen vorfinden. Sie sollen
geistliche Menschen sein und das Evangelium verkünden, und sie sollen
die Verbindung zwischen Gott und den Menschen aufspüren und lebendig
halten helfen.
Können Sie kurz umschreiben, wie sich die Anforderungen
und die Aufgaben eines Priesters in den letzten Jahrzehnten geändert
haben? Müssen immer weniger Priester mehr leisten oder müssen
sich das Bild und damit die Tätigkeitsfelder eines Priesters ändern?
Der Dienst der Priester ist in den zurückliegenden
Jahren immer weniger selbstverständlich geworden. Das kirchliche Leben
ist für viele Menschen fremd geworden, und sie kommen nur zu bestimmten
Anlässen zur Kirche und zum Priester. Dadurch wird es für den
Priester oft schwieriger, in der Pfarrei und bei den Menschen Heimat zu
finden. Viele Tätigkeiten stehen vereinzelt da: die Taufe von Kindern,
deren Familie der Priester nicht kennt, die Trauung von jungen Paaren,
die sonst nie zur Kirche kommen, das Begräbnis, bei dem der Pfarrer
die Angehörigen noch nie gesehen hat und wohl auch nicht mehr sehen
wird. Alles hängt dann von der einen Begegnung ab. Das bringt den
Priester unter Druck - und macht die Leute oft unzufrieden, weil sie sich
in den so punktuell ergebenden "kirchlichen" Situationen nicht recht verstanden
fühlen und selbst sehr unsicher sind. Glaube wächst über
lange Zeit, Begleitung in Lebenssituationen braucht Raum, die Predigt braucht
einen Hintergrund im täglichen Leben, Verständnis muß gegenseitig
wachsen können. Ich hoffe, daß die Priester diese komplizierten
Situationen, die wir nicht in der Hand haben, besser verstehen und darum
gelassener angehen können. Die Tätigkeitsfelder klären sich
dann fast von selbst und der Leistungsdruck wird geringer werden.
Welche Rolle spielen andere hauptamtliche Berufe
in der Seelsorge wie Gemeinde- oder Pastoralreferenten in unserem Bistum?
Wir haben die Möglichkeit, mit gut ausgebildeten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammenzuarbeiten. Gemeindereferentinnen
und -referenten sind mit ihrer pastoral-praktischen Ausbildung besonders
auf den Dienst in der Pfarrei vorbereitet und Pastoralreferentinnen und
-referenten, die eine wissenschaftlich-theologische Ausbildung haben, sollen
im Dekanat oder Stadtdekanat ihre Arbeitskraft einbringen. Für die
Zusammenarbeit muß man die Stärkung sehen, die hauptamtliche
Berufe für die Pfarrei und das Dekanat bedeuten: Seelsorge und Bildungsarbeit
durch Laien sind eine Bereicherung, auch für die Priester. Die hauptamtlichen
Gemeindereferentinnen und -referenten und die Pastoralreferentinnen und
-referenten sichern das Engagement der Gemeinde in vielen Feldern, in denen
ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Priester sonst nicht
arbeiten könnten.
Am Sonntag, den 10.05. 1998 (Muttertag), begehen
wir hier in unserer Gemeinde den bistumsweiten "Weltgebetstag für
geistliche Berufe" (s. S. 6). Welche Idee, welches Anliegen steht dahinter?
In diesem Jahr soll der Welttag der geistlichen Berufe
unsere Aufmerksamkeit für die Bedeutung des Priesters für die
Kirche stärken, dabei beten wir um geistliche Berufe. Der Schwerpunkt
liegt aber diesmal auf dem Gebet um Priester. Ohne (genügend viele)
Priester würde unsere Kirche grundsätzlich anders werden. Wir
brauchen Priester, damit wir vor Augen haben, daß wir als Kirche
von Gott her leben und daß unsere Welt Gott braucht. Das müssen
Menschen darstellen und leben, die sich dafür durch die Priesterweihe
in Dienst nehmen und senden lassen. Die Anfrage heißt: wer aus unserer
Gemeinde könnte mit unserer Ermutigung Priester werden?
Vielen Dank, Herr Dr. Thönnes. Wir freuen uns
auf die Begegnung mit Ihnen und "Ihren" Seminaristen an diesem Tag.
(geführt von Kaplan Andre Müller)
"Ohne (genügend viele) Priester würde unsere Kirche grundsätzlich anders werden." Und anders soll sie ja auch werden, das ist erklärtes Ziel von V2: Nur weg vom Katholizismus!
Im selben Pfarrbrief ist auch noch das "Programm" für den "Weltgebetstag
für geistliche Berufe" aufgeführt; dazu gehören:
- "Plenumsdiskussion im Michaelshaus: Brauchen wir überhaupt Priester?
Wenn ja, warum und wozu?"
- "Diskussion in Kleingruppen (Workshops)"
- Werbeparole: "Kommen Sie, beten und diskutieren Sie mit" [Urbanus
Nachrichten Ostern 1998, S. 6]
Immerhin, das Priestertum wird nun schon öffentlich zur Diskussion gestellt. Jedem dürfte klar sein, daß aufgrund des falschen Ansatzes kein vertretbares Ergebnis in den "Workshops" möglich ist: Es ist nichts mehr zu retten!