Ich hätte es nie zu träumen gewagt: Ich habe meine Traumfrau
gefunden und sie nun geheiratet.
Wie ich es mit dem Zölibat halte, fragen Sie? Ganz einfach: Das Zölibat
ist ein von der Kirche erlassenes Gesetz, das für unsere heutige Zeit
nicht mehr passt. Wir haben leider keinen Papst, und deshalb kann das Zölibat
nicht offiziell aufgehoben werden, aber sobald wir wieder einen Papst
haben, wird der sofort erklären, dass in den schwierigen Zeiten der
Gegenwart die Verpflichtung zum Zölibat nicht bestanden hat. Mit
meiner Hochzeit habe ich dies quasi vorweggenommen.
Ich berufe mich dabei auf den Grundsatz: "Salus animarum suprema lex"
- Das Heil der Seelen ist das oberste Gesetz.
Dass das Zölibat überhaupt aufgehoben werden kann, beweist die
Geschichte, ja sogar das Neue Testament selbst. Da schreibt Paulus nämlich
klipp und klar an Timotheus: Der Vorsteher soll "nur einmal
verheiratet" sein, er soll "seinem eigenen Hause gut vorstehen
und seine Kinder in Unterordnung und aller Ehrbarkeit halten" (1 Tim
3,2-4).
Zwar hat die Kirche viele Jahrhunderte das Zölibat vorgeschrieben,
aber was soll´s? Die Kirche in der gegenwärtigen Not kann auf
solche Gesetze, die für eine völlig andere Zeit geschrieben
wurden, keine Rücksicht nehmen. Und man sehe doch die vielen
Vorteile:
1. Meine Frau kann mir Trost und Hilfe sein, während ich als Zölibatärer
oft allein und ohne Zuspruch bin.
2. Der Vorwurf gegen mich, ich würde nur deshalb gegen Sodomie
schreiben, weil ich selber "homosexuell" sei, ist widerlegt.
3. Die mir anvertrauten Gläubigen haben überwiegend positiv
aufgenommen, dass ich nun einen viel menschlicheren Eindruck auf sie
mache; zudem haben sie nun auch mehr Vertrauen, mich auf ihre Probleme in
der Ehe anzusprechen.
Zwar gibt es einige Störenfriede, leider auch im Klerus, die sich
gegen meine Hochzeit aussprechen, aber auf solche vereinzelte Stimmen darf
man nicht hören. Wem meine Ehe nicht passt, der soll sich gefälligst
um seine eigenen Dinge kümmern und meine Gemeinde ebenso wie meine
Frau und mich in Ruhe lassen. Abgesehen davon brauchen wir auch keine Veränderung
in der Kirchenleitung; die Kirche hat nun schon über vier Jahrzehnte
ohne einen Papst auskommen können, deshalb sollte man die Situation
nicht ändern, um die Ruhe nicht zu gefährden.
Aus der Traum, zurück in die Realität. Wir haben diesen Text nicht geschrieben, um anzudeuten, wir hätten eine Geliebte oder hätten wenigstens unsere Beurteilung des Zölibats geändert - weder das eine noch das andere trifft zu. Dieser Traumpriester ist zwar in der oben geschilderten Form erfunden, allerdings spiegelt er Fehlansichten wieder, die im "Sedisvakantismus" verbreitet sind (s. auch Willkommen im Club!).
Zum einen kennen wir tatsächlich einen Priester, der geweiht wurde,
obwohl er verheiratet ist. Diese Weihe war verboten, weil nur der Papst
von dem Weihehindernis der Ehe dispensieren kann. Nach dem Kirchenrecht
darf dieser Priester seine Weihe nicht ausüben, auch wenn er die
vorgeschriebene Enthaltsamkeit beachtet.
Zum anderen gibt es immer wieder Streit wegen unserer restriktiven
Position bzgl. Bination und Trination: Bination (zwei Messzelebrationen an
einem Tag) ist nur erlaubt, wenn folgende Voraussetzungen zusammen erfüllt
sind: a) es ist ein Sonntag oder ein anderer gebotener Feiertag; b) es
blieben recht viele (ca. 30) Personen ohne Messe, wenn nicht biniert würde;
c) es ist kein Priester verfügbar, der die zweite Messe übernehmen
könnte, ohne selbst zu binieren. Trination ist immer verboten,
ausgenommen Weihnachten und Allerseelen.
Diese Bestimmungen bzgl. Bination und Trination sind vom Kirchenrecht
vorgegeben, und wir wiederholen sie nur. Leider setzen sich Priester darüber
hinweg, z.B. Augustin Groß, der Vorzeigepriester von
Kyrie eléison, der jeden Sonntag
triniert. Priester machen, was sie wollen, und kümmern sich nicht um
unsere Hinweise auf das Kirchenrecht. Auch seitens einiger Laien wird
dieses Fehlverhalten der Priester gebilligt oder sogar unterstützt,
wohingegen unsere Position verworfen wird. Die Begründung: "Salus
animarum suprema lex" - Das Heil der Seelen ist das oberste Gesetz.
Die Gründe gegen das Zölibat, die der imaginäre
Traumpriester oben genannt hat, sind zwar restlos blödsinnig, aber
dennoch (oder deswegen) sehr medienwirksam, s. z.B. unseren Text über
Hörzu. Diese "Argumente" lösen
sich nämlich in Luft auf, sobald man seinen Verstand einschaltet. Wer
in der Liebe Christi bleibt, der braucht keine Ehefrau, weder für die
Bewältigung privater Nöte noch für die Verbesserung der
Seelsorge, und üble Nachrede ist auch gegenüber Verheirateten
noch möglich.
Die "Gründe" für die Trination sind üblicherweise:
a) die Gläubigen haben ein Recht auf eine Messe, und b) würden
die Priester nicht trinieren, würden viele zu Lefebvre abwandern.
Auch dazu haben wir uns schon oft geäußert. Es gibt kein Recht
auf eine Messe, und die Messe ist auch nicht in dem Maße
heilsnotwendig wie die Taufe, d.h. man kann gerettet werden, wenn man ohne
Schuld an der Teilnahme der hl. Messe gehindert ist. Und der
(prognostizierte) Abgang zur Lefebvre-Sekte ist grundsätzlich nicht
anders zu werten als jeder andere Abgang zu einer Sekte: als Verrat an
Christus.
Während die "Argumente" für die Verstöße gegen kirchenrechtliche Bestimmungen haltlos sind (ob nun hinsichtlich der Weihe von Verheirateten oder Trination; die Liste ließe sich noch verlängern), sind die Folgen dieser Verstöße sehr schwerwiegend, und auch diese haben wir oft aufgezeigt: Der katholische Widerstand zersplittert, versteckt oder z.T. auch offen werden Kleriker diskreditiert, der Klerus verliert an Ansehen, Laien mischen sich in kirchliche Entscheidungen ein, eine vollständige Wiederherstellung der Hierarchie erscheint unmöglich.
Wir können uns den Mund fusselig reden und die Finger blutig
tippen, trotz unserer Bemühungen finden wir allgemein wenig
Bereitschaft, diese traurige Situation zu ändern. Dennoch empfehlen
wir weiterhin folgende Regeln:
1. Die Kleriker müssen klar entscheiden, welche Bestimmungen des
Kirchenrechts heute gelockert werden dürfen (in unserem Falle: wir
zelebrieren ohne Ministranten, obwohl ein Ministrant unter schwerer Sünde
vorgeschrieben ist. Allerdings kennen wir auch niemanden, der als
Ministrant in Frage käme, d.h. nur aus der gegebenen Unmöglichkeit,
die Vorschrift zu erfüllen, verstoßen wir dagegen; wir lassen
natürlich keine "Ministrantin" zu).
2. Die Kleriker sollen nicht ihr privates Süppchen kochen, sondern müssen
zusammenarbeiten; insbesondere Entscheidungen der Kirchenzucht müssen
gemeinsam getroffen werden.
3. Die Laien sollen sich aus kirchlichen Entscheidungen weitest gehend
heraushalten.
Es wenn diese an sich einfachen Regeln Beachtung finden, dürfen wir
auf eine Besserung der Zustände hoffen; wenn die Zersplitterung
ungebremst voranschreitet, werden sogar Alpträume wie
Klerikerhochzeiten Realität.