Staat und Kirche im Lexikon
(Kirche zum Mitreden, 29.03.1999)
Der bevorstehende Prozeß als momentaner Höhepunkt der Terrorakte
seitens der V2-Sekte gegen die römisch-katholische Kirche (s. Passionszeit)
ist zwar schon lange als Unrecht entlarvt, aber um den Klägern auch
die letzte Möglichkeit zu nehmen, sich aus der Verantwortung zu stehlen,
gehen wir noch auf die Quellenlage ein. Da sich der BGH nicht auf theologische
Literatur, sondern nur auf einen Lexikonartikel stützt, muß
zweifelfrei bewiesen werden, daß es bereits vor dem Katholiken-Urteil
einen Lexikon-Artikel gab, aus dem das jetzige Verhalten des Staates gegen
die Kirche als Unrecht nachweisbar ist, wobei das Faktum der Sedisvakanz
dem Gericht spätestens dann bekannt sein muß, wenn ihm KzM bekannt
ist. Wir zitieren deshalb im folgenden die ersten beiden von insgesamt
drei Abschnitten des Artikels
"Staat und Kirche" aus dem Kirchlichen Handlexikon, hg. von
M. Buchberger, Bd. 2, München 1912, 2183-2186.
Diesem Lexikon, Grundlage für das "Lexikon für Theologie und
Kirche" (LThK), muß als eine jedem zugängliche und in der Wissenschaft
anerkannte Größe ein weitaus höherer Stellenwert zugemessen
werden als dem - vom BGH konsultierten - Brockhaus, der kein kirchliches
Werk ist, also kein Imprimatur (kirchliche Druckerlaubnis) besitzt und
dessen Autoren nicht sicher als Garanten für solide Forschung (wenigstens
im Bereich Theologie) betrachtet werden können.
Die drei Abschnitte des Artikels (I. Die Grundlagen, II. Theorien,
III. Geschichtliche Entwicklung) sind alle etwa gleichermaßen umfangreich.
Da uns hier nur die dogmatisch-spekulative Seite interessiert, lassen wir
den historischen Teil aus (für historische Beispiele s. Die
Internet-Domain www.katholisch.de). Wie ersichtlich, steht bei dem
jetzigen Prozeß das Seelenheil auf dem Spiel. Würden wir uns
dem Staat resp. der V2-Sekte unterwerfen, hätten wir uns von Christus
getrennt, denn dann würden wir dem Staat eine Kompetenz zuschreiben,
die er nicht besitzt (s. auch
Faustrecht), und
eine Unheilsanstalt als Kirche Christi ausgeben. Die V2-Sekte möchte
einerseits das Geld der Menschen und andererseits, daß die Menschen
ihre Seele dem Teufel überlassen, und das will sie jetzt ganz konkret
von uns. Es ist jedoch besser, hier auf Erden (bildlich gesprochen) durch
die Hölle zu gehen, als in der Ewigkeit in der wirklichen Hölle
zu leiden. Selbst unter der qualvollsten Folter dürfen wir keinem
antichristlichen Terrorismus nachgeben. Was auch immer die V2-Sektierer
sich an Methoden für uns ausgedacht haben mögen, um uns zur Verleugnung
Christi zu verführen (momentan geht es erst noch um ein Bußgeld
von DM 100 000), eines ist sicher: "Bisher hat euch noch keine Versuchung
betroffen, die menschliche Kräfte überstiege. Und Gott ist treu.
Er läßt euch nicht über eure Kräfte versuchen, sondern
schafft mit der Versuchung auch den guten Ausgang, daß ihr sie bestehen
könnt" (1 Kor 10,13). Für unsere Ankläger resp. Versucher
sieht die Lage nicht ganz so rosig aus: "Wer einem von diesen Kleinen,
die an mich glauben, Anlaß zur Sünde gibt, für den wäre
es besser, daß ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und
er in die Tiefe des Meeres versenkt würde. Wehe der Welt um der Ärgernisse
willen! Es müssen zwar Ärgernisse kommen; doch wehe dem Menschen,
durch den das Ärgernis kommt!" (Mt 18,6f). Da die Konzilssekte von
einem furchtbaren Haß gegen die hl. Messe getrieben wird, bleibt
abzuwarten, ob die Darbringung des Meßopfers uns in Zukunft schwerer
oder gar unmöglich gemacht werden wird.
Wer nun meint, wir hätten nichts Schlimmes zu befürchten,
denn bei den staatlichen Organen Deutschlands ginge es doch immer und ausschließlich
sehr herzlich und nett zu, sollte u.a. einmal einen Blick auf die Zustände
im Polizeidienst werfen, die allein in München für so manche
Schlagzeile gesorgt haben: Im Zusammenhang mit dem Oktoberfest 1998 werden
16 Anzeigen gegen Polizisten wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung
erstattet; betrunkene Angestellte schießen im Büro um sich und
produzieren 34 Einschußlöcher in den Bürowänden; eine
junge Polizisten beschwert sich über Mobbing durch ihre Kollegen und
begeht einige Wochen später Selbstmord; Polizeibeamte beschmieren
einen Telephonhörer mit Säure, wodurch sich eine Sekretärin
Verletzungen zuzieht; momentan aktuell: Gegen fünf Polizisten wird
wegen des Verdachts auf Drogenhandel und Prostitution ermittelt. Das sind
nur einige der Schlagzeilen aus dem Zeitraum des letzten halben Jahres,
und nur Berichte aus München. Der Gedanke, daß unschuldigen
Bürgern im Strafvollzug etwas Unangenehmes widerfahren könnte,
sollte also nicht von vornherein als abwegig zurückgewiesen werden.
Zum Text:
Staat und Kirche.
I. Die Grundlagen des gegenseitigen Verhältnisses.
Der Staat ist eine natürliche vollkommene Gesellschaft, die gemeinsamen
Schutz und gemeinsame zeitliche Wohlfahrt ihrer Mitglieder bezweckt. Die
Kirche ist die von Christus für die Menschen aller Orte und Zeiten
gegründete Heilsanstalt, in der und durch die allein die Menschen
in ordentlicher Weise ihr ewiges Heil erreichen können. Beide Gewalten
sind von Gott, doch ist die Kirche unmittelbar von Gott gegründet
und auch in ihrer Verfassung von ihm bestimmt, der Staat eine durch die
menschliche Natur und soziale Veranlagung verlangte und insofern gottgewollte
Einrichtung, die indes an sich vershiedengestaltig sein kann. Nach Ursprung
und Zweck hat die Kiche den Vorrang vor dem Staat, doch ist jede Gewalt
in ihrer Art und Sphäre die höchste, jede hat ihren eigenen Wirkungskreis,
in dem sie sich selbständig bewegt, dessen Umfang aber in manchen
Fragen den Umfang des anderen schneidet. So ergibt sich die Notwendigkeit,
Wirkungskreis und Kompetenz abzugrenzen, besonders auf dem Gebiet der beiden
Gewalten gemeinsamen (sog. gemischten) Angelegenheiten wie Ehe, Schule
und dergleichen. Die geschieht am besten durch gegenseitiges Einvernehmen
(Konkordat). Ist eine Einigkeit nicht zu erzielen, so sind Konflikte unvermeidlich.
Die Mittel, welche die Kirche zur Wahrung ihres Rechtes anwendet, waren
zu verschiedenen Zeiten verschieden, heutzutage bleibt ihr, wenn der Staat
die Regelung der gemischten Angelegenheiten einseitig vornimmt oder sogar
auf rein kirchlichen Gebieten gegen den Willen der Kirche Verfügungen
trifft, vielfach nichts anderes übrig, als gegen diese Kompetenzüberschreitung
zu protestieren (wie z.B. gegen die preußischen Kulturkampfgesetze
v.J. 1873, das französiche Trennungsgesetz v.J. 1905). Mitunter erfolgt
von seiten der Kirche auch die Erklärung, daß derartige Staatsgesetze
der Gewissensverbindlichkeit entbehren. Je nach den Umständen wird
die Kirche dem Staate weit entgegenkommen, doch hat ihre Nachgiebigkeit
eine Grenze, wenn Selbständigkeit, Prinzipien oder wichtige Interessen
der Kirche in Betracht kommen. So wird die Kirche z.B. nie die Bestellung
der Seelsorger und deren Heranbildung vollständig dem Staate überlassen,
noch in der Schulfrage auf jenen Einfluß und jene Aufsicht verzichten
können, wlche die religiöse Erziehung der Jugend fordert. - Trotz
des beiderseitig eigenen Geibetes sind Staat und Kirche doch vielseitig
aufeinander angewiesen. Für den Staat ist es wichtig, daß die
Kirche seine Autorität und Gewalt als im Willen Gottes fundiert erklärt,
daß sie mit inneren religiösen Motiven für Gesetz und Sitte
eintritt und verbrecherischen, gemeingefährlichen Bestrebungen entgegentritt.
Die Kirche, die in der Regel nur über geistliche Mittel verfügt,
bedarf zur Durchführung der äußeren Rechtsordnung oft der
Zwangsmaßregeln des Staates (brachium saeculare [weltlicher Arm]),
wie auch seines Schutzes für kirchliche Personen und kirchliches Eigentum.
Daraus folgt, daß das natürliche Verhältnis zwischen Kirche
und Staat nicht im Kampfe zwischen beiden Gewalten, auch nicht in der völligen
Trennung von Kirch und Staat ('freie Kirche im freien Staat'), sondern
in dem friedlichen Zusammenwirken (Koordination) beider gelegen ist. Die
Trennung ist nur dort als kleineres Übel annehmbar, wo sonst Knebelung
der Kirche durch den Staat zu fürchten wäre, oder ein anderes
Verhältnis nicht möglich war und ist.
II. Theorien
Haben auch die Päpste über das Verhältnis zwischen Kirche
und Staat sich geäußert (z.B. Bonifatius VIII. in der Bulle
Unam Sanctam, Pius IX im Syllabus n. 39/55, Leo XIII. in der Enzyklika
Immortale Dei), so fehlt es doch an einer positiven dogmatischen Feststellung.
Die Zweischwertertheorie des Mittelalters (seit 11. Jh.) meinte im Anschluß
an Lk 22,38, Petrus habe von Christus in den 2 Schwertern das Sinnbild
beider Gewalten übertragen erhalten. Ein Schwert, das geistliche,
behielten Petrus und dessen Nachfolger für sich, das weltliche Schwert
habe der Papst an die Fürsten weitergeliehen. Für das Verhältnis
von Kirche und Staat gebrauchte man auch die Vergleiche von Sonne und Mond,
Seele und Leib. Unter Zugrundelegung dieser Vergleiche lehrten manche Schriftsteller
der 14. Jh., so Augustinus Triumphus und Alvarez Pelayo, daß der
Kirche ein direkte Gewalt (potestas directa) in staatlichen Angelegenheiten
zustehe. Kaiser und Könige könnten nur auf päpstliche Autorität
hin Gesetze erlassen, könnten aus bestimmten Gründen vom Papst
abgesetzt werden. Exorbitante Behauptungen mancher Gegner (Marsilius von
Padua, Johannes von Janduno), die umgekert dem weltlichen Herrscher eine
direkte Gewalt in kirchlichen Angelegenheiten zuschrieben, sowie das von
den Päpsten gegenüber den Fürsten tatsächlich geübte
Absetzungsrecht führten zu dieser unhaltbaren Theorie. Die vielumstrittene
Bulle Unam sanctam von Bonifatius XIII. (Extrav. comm. I,8) scheint die
Lehre von der potestas directa zur Grundlage zu haben; eine dogmatische
Definition enthält jedoch nur der Schlußsatz, daß jede
menschliche Kreatur heilsnotwendig dem Papst unterstehen muß. - Bellarmin
(Controv. 3. gen., de summo Pontif., 1.5, c. 6) stellte die Lehre von der
indirekten Gewalt der Kirche in staatlichen Angelegenheiten auf. Darnach
kann der Papst nur dann und soweit in zeitlichen Angelegenheiten eingreifen,
als staatliche Angelegenheiten das Seelenheil der Christgläubigen
berühren. Eine Abschwächung dieser Lehre bedeutet die Lehre von
der potestas directiva, vermöge derer die Kirche nur das Amt und Recht
hat, die Gewissen der Fürsten und Völker aufzuklären, die
Pflichten gegen Gott ins Gewissen zu rufen, bei Pflichtenkollisionen im
Gewissen zu entscheiden und den Gläubigen über weltiche Gesetze,
die mit den göttlichen und kirchlichen im Widerspruch stehen, Weisungen
zukommen zu lassen. Ob nun der Kirche eine indirekte oder bloß direktive
Gewalt zuzuschreiben sei, ist kontrovers; scheidet man gewisse Tatsachen,
wie Fürstenabsetzungen, die lediglich auf Grund des mittelalterlichen
Völkerrechts sich vollzogen, aus, so schwindet ein merklicher Unterschied
zwischen beiden Theorien. Moderne Staatsrechtslehrer und Gesetzgeber bewegen
sich in ganz andern Richtungen. Entweder vertreten sie die völlige
Trennung von Staat und Kirche (so auch das Erfurter Programm der deutschen
Sozialdemokratie: 'Religion ist Privatsache'), oder sie unterscheiden zwischen
inneren und äußeren Angelegenheiten der Kirche; während
sie die ersteren der freien Vefügung der Kirche zuteilen, verlangen
sie für den souveränen, von der Kirche (einer privilegierten
Korporation im Staate) in keiner Weise abhängigen Staat, das Aufsichts-,
ja Bestimmungsrecht über deren äußere Angelegenheiten sowie
die Befugnis, von Staats wegen zu bestimmen, was zu letzteren gehört:
eine der göttlich normierten Souveränität der Kirche widerstreitende
Anschauung.
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