In mehrfacher Hinsicht scheint es uns geraten, aus dem Buch von Stephan
Berghoff, Von Petrus bis Pius (Imprimatur (kirchliche Druckerlaubnis)
1949, 2. Auflage o.J., 295-303 (Schluss des Buches)), zu zitieren. Zum
einen haben wir vor einigen Wochen Strafanzeige
gegen Paul Spiegel erstattet, der sich zutiefst verleumderisch über
die Kirche in der Nazizeit geäußert hat; zum anderen sehen wir
immer wieder und in diesen Tagen ganz besonders den Hass und die
Machtgier, mit der sich im pseudokatholischen
Sektenwesen irgendwelche Opportunisten als "die Kirche"
aufspielen. Schließlich ist es auch ganz interessant festzustellen,
dass bereits vor einem halben Jahrhundert innerkirchlich von der Möglichkeit
die Rede war, dass die Kirche in Europa ausgerottet würde - in der
Tat steht Europa heute kurz davor, die wenigen gegenwärtig noch
verbleibenden Katholiken zu venichten.
Über Berghoff wissen wir nur so viel, wie aus einem "Lebenslauf"
in seinem Buch hervorgeht: "Stephan Berghoff, geboren 1891 in Mülheim
(Ruhr). Seit 1933 Pfarrer in Essen. Berghoff beantwortet in Broschüren
die brennenden religiösen Fragen des Volkes. Seine Kleinschriften
'Gott hinter Kerkermauern', 'Im Großstadtgefängnis', 'Anklagen
gegen die Geistlichkeit', 'Klare Antwort', 'Schöne Zeit der jungen
Liebe' u.a. erreichten insegesamt eine Auflage von weit über einer
Million. In seinen Büchern 'Ein Gang durchs Evangelium', 'Der ganze
Christ', 'Christus, unser Leben und Vorbild', 'Licht vom Lichte',
'Einkehr', 'Zeitgemäße Seelsorge' ist Berghoff Kenner und Künder
der Zeit. Seine Beispielsammlung 'Blinkfeuer' und einige Kleinschriften
wurden von der Gestapo auf den Index gesetzt."
Berghoffs kleine Papstgeschichte ist ein einfaches Lesebuch, das seine
Wurzeln in Predigten und Vorträgen hat. Dabei verknüpft Berghoff
gerne die einzelnen Kapitel über die verschiedenen Päpste. Der
Abschnitt über Pius XI. handelt also noch z.T. über Papst
Benedikt XV. (1914-1922).
Pius XI.
Acht Jahre ruheloser Sorge haben Benedikts Kräfte aufgezehrt.
Achilles Ratti, der Mailänder Gelehrte und Seelsorger, kommt als Pius
XI. auf den päpstlichen Thron. Den guten Geist des heiligen Borromäus
bringt er mit. Er ist Wissenschaftler, dreifacher Doktor, Präfekt der
Ambrosianischen Bibliothek. Was dieser fleißige Arbeiter schreibt, füllt
dicke Bände. Wissenschaftler wie Ferrari sind seine Freunde. Er steht
mitten in den wissenschaftlichen Problemen unserer Zeit. Daneben ist er
ganz weltnahe, sorgt sich um die Seelen und sucht sie. Selbst um die
Schornsteinfegerbübchen der Großstadt kümmert er sich, um
ihre religiöse und soziale Versorgung. Er ist der
Gefangenenseelsorger. Sonntag für Sonntag sammelt er Studenten,
deutsche Dienstmädchen und Gesellen - er spricht die deutsche Sprache
- in einem eigens für sie gegründeten Heime um sich. Das ist
seine rührende Erholung nach aufreibenden wissenschaftlicher Arbeit.
Wie Gott das fügt! Die Kenntnis der deutschen Sprache hat
mitgeholfen, daß er Papst wurde. Der Präfekt der
Ambrosianischen Bibliothek wird seiner ungemeinen Fachkentnnstnisse wegen
1914 Präfekt der Vatikanischen Bibliothek in Rom. Fünf Jahre später
muß der erste päpstliche Gesandte zum neuen Polen . Der
Gesandte muß die deutsche Sprache beherrschen. Darum fällt die
Wahl Benedikts auf Achilles Ratti. Einen tapferen Gesandten hat der Papst
nach Warschau entsandt. Denn Achilles Ratti ist der einzige Gesandte, der
in Warschau aushält, als die Bolschewiken vor seinen Toren liegen.
Und einen unbefangenen Gesandten. Er steht zum deutschen Kardinal Bertram
gegen die polnischen Propagandisten, als in Oberschlesien abgestimmt wird.
Nur mit zwei Stimmen bleiben die polnischen Parlamentarier in der
Minderheit, die seine Abberufung verlangten. Der Papst bewahrt ihm das
Vertrauen und ernennt ihn zum Erzbischof von Mailand und zum Kardinal.
Aber blinde Gegner der Kirche haben ihn gleichwohl der
Deutschfeindlichkeit bezichtigt.
Dieser Gelehrte und Seelsorger bestieg am 6. Februar 1922 päpstlichen
Thron. Was er gewirkt, steht mit unauslöschlicher Schrift in unseren
Herzen geschrieben, die wir sein Pontifikat miterleben durften. Ein
Pontifikat von ganz großem Format! Nur einige seiner Taten:
Seit mehr als 70 Jahren steht die römische Frage offen, die Frage
des Kirchenstaates. Eine Wunde, unter der alle leiden. Pius XI. regt 1926
die Aussöhnung zwischen dem Papsttum und dem Königreich Italien
an, und Benito Mussolini, Italiens damaliger Ministerpräsident, stößt
die Hand nicht von sich. Zweieinhalb Jahre gehen still und geheim die
Kuriere zwischen Vatikan und Quirinal hin und her. Das große Werk
gelingt. Am 11. Februar 1929 wird der Lateranvertrag geschlossen. Der
Papst behält die Vatikanstadt, verschiedene Kirchen und Paläste
als unverletzliches Gebiet und Eigentum. Er ist selbständiger Souverän,
der seine eigenen Gesandschaften unterhält. Der Papst verzichtet auf
den Kirchenstaat, anerkennt das Königreich Italien mit der Hauptstadt
Rom. Ein Konkordat wird geschlossen. Die katholische Kirche ist die Kirche
des Landes. Christlich die Ehe, christlich die Schule, frei das bischöfliche
Hirtenamt. Der freie Papst im eigenen Land! Der große Pius hat es
geschafft.
Der materialistische Unglaube ist der Gegenspieler der Kirche. Er ist die
Umwertung aller Werte. Ihm, der den Geist leugnet, den Schöpfergeist
wie den Menschengeist, ist die höchste Menschenform der unpersönliche,
entpersönlichte Massenmensch. Er kann darum nicht anders als
Religionshasser sein. Er ist die gottfeindliche Macht. Der Unglaube hat
weite Strecken Europas erobert, er setzt sich in Spanien fest und tobt
sich dort aus. Er hat seine Sendlinge in der ganzen Welt.
Diesen Todfeind des Christentums übersieht Papst Pius XI. nicht.
Eindrucksvoll war seine Ansprache an die spanischen Flüchtlinge. "Höchste
Kirchenfürsten, Priester, Schwestern, Laien aller Klassen und Berufe,
selbst das heilige Schweigen der Gräber, all dies wurde auf die gröbste
und barbarischste Weise von wildgewordenen, unfaßbar grausamen Kräften
zerstört, die die Ausgeburt einer tiefst gesunkenen menschlichen
Natur sind ... Kräfte suchen von Rußland bis China, von Mexiko
bis Südamerika jede Ordnung umzustürzen. Die schrecklichen Taten
in Spanien bezeugen beredt, daß äußerstes Unheil droht,
und daß dieses Unheil eine Ausgeburt wahrhaft satanischen Hasses
gegen Gott und die erlöste Menschheit ist, in erster Linie gerichtet
gegen die Religion und die katholische Kirche." Dutzendmal hat Pius
XI. den organisierten Unglauben gebrandmarkt und die Menschheit vor ihm
gewarnt. Aber er weist auch die Richtung, wie er innerlich zu überwinden
sei. In seinem eigenen Rundschreiben an die Welt "Quadragesimo anno"
vom 15. Mai 1931 erneuert er die bahnbrechende Arbeiterenzyklika "Rerum
novarum" und führt sie weiter.
Der Papst, der Brücken schlägt. Darum seine vielen Konkordate.
Auch mit dem Dritten Reiche 1933 auf Vorschlag der deutschen Regierung, um
den Katholiken die rechtliche Grundlage für ihre Verteidigung zu
geben; ein Bollwerk, hinter dem sie sich in ihrem Widerstande schützen
konnten. Kaum geschlossen, wurde das Konkordat verletzt, immer mehr, immer
offener. Der bittere Kampf zwischen der nationalsozialistischen Regierung
und dem deutschen Katholizismus hub an. Hören wir darüber Papst
Pius XII. in der Ansprach an die Kardinäle vom 2. Juni 1945:
[s. Die Entmachtung des Allmächtigen]
Papst Pius XI., voll heiligen Eroberungsdranges für Christi Reich,
der große Missionspapst! Durch ihn hat eine neue entscheidende
Stunde in der Asienmission geschlagen. Die Mission ging bis zum 18.
Jahrhundert sehr gut voran. Die Überflügelung der katholischen
Weltmächte Spanien und Portugal durch die nichtkatholischen Weltmächte
Holland und England, die Aufhebung des Jesuitenordens 1773 und die
Revolutionierung Frankreichs hatten dann das Werk gehemmt und zum Teil
zugrundegerichtet. Dabei spielte die Tatsache eine große Rolle, daß
in der Zeit vorher die Frage des einheimischen Klerus nur teilweise gelöst
war und eine weitere wichtige Frage, die der Anpassung an chinesische,
japanische Gebräuche, nach Beginn der Lösung wieder abgebrochen
wurde.
Pius XI. sieht klar. Zu wenig Rücksicht wird auf die alten Gebräuche
und Sitten der in und aus ihnen lebenden Völker genommen. Darum 1936
sein berühmter Erlaß, daß sich die Mission an die alten
Traditionen anzugleichen habe. Weitgehende Zugeständnisse werden
gemacht. Die Ahnenverehrung Chinas, die Kaiserverehrung Japans können
übernommen werden. Doch sind sie nur national, nicht religiös zu
deuten. Es fehlt der einheimische Klerus. Der europäische Klerus darf
nur Wegbereiter, Vorläufer des bodenständigen sein. Die
Missionsbischöfe erhalten verpflichtende Weisung, Seminarien zu
errichten, in denen einheimische Priester und Bischöfe erzogen
werden. Seit 1926 hat der Papst eine Reihe chinesischer, japanischer
indischer, anamitischer Priester zu Bischöfen geweiht. Ein neuer
Missionsfrühling ist angebrochen.
"Der Friede Christi im Reiche Christi" war der Wahlspruch Pius
XI. Mit kluger, starker Hand hat Pius XI. Christi Reich und seinem Frieden
gedient.
Pius XII.
Am 2. März 1939 wurde als Nachfolger Pius XI. Kardinalstaatssekretär
Eugen Pacelli gewählt, Pius XII. Er ist uns deutschen Katholiken kein
Unbekannter. War er doch von 1917 bis 1929 Apostolischer Gesandter in München
und Berlin. Diesem Gesandten, dem mutigen Manne, der unter Lebensgefahr
auf seinem Münchener Posten blieb, als seit dem 7. April 1919 die
roten Fahnen von den Balkonen der königlichen Residenz flatterten,
dem hochgebildeten Mann, der 10 Sprachen, darunter die deutsche, vollendet
spricht, dem Wohltäter Deutschlands, der das internationale Hilfswerk
für die Kriegsopfer organisierte, der unermüdlich für den
Weltfrieden arbeitete, dem überragenden Diplomaten, der in einer
Reihe von Konkordaten Kirche und Staat in Einklang brachte, hat Hindenburg
seine Zuneigung bis zuletzt bewahrt. In der Abschiedsaudienz sprach
Hindenburg: "Was Eure Exzellenz während Ihrer hiesigen Tätigkeit
an vorbildlicher Friedensarbeit geleistet haben, wird unvergessen bleiben."
Der Kardinalstaatssekretär eroberte sich die Achtung der ganzen Welt.
Es war nicht nur respektvolle Verbeugung vor der Macht des Papsttums, daß
zu seiner Papstkrönung am 12. März 1939 fünfzig Länder
der Welt Sondergesandte schickte.
Pius XII. trägt seit März 1939 die schwer Bürde des
obersten Hirtenamtes. Mit Gottes Hilfe hat er die Kriegszeit zum Segen
unserer Kirche gemeistert. Wie er die gewaltigen Schwierigkeiten überwandt,
darüber reden heißt das hohe Lied seiner Klugheit, seiner
eisernen Tatkraft und seiner nie erlahmende Liebe singen. Die deutschen
Katholiken sind ihm zu besonderem Danke verpflichtet. Uns stand er während
der Kriegszeit wegweisend und stützend gegen Irrtum und Gewalt zur
Seite, gegen die kirchenfeindlichen Mächte des Nationalsozialismus,
die selbst im Kriege auf ihr verderbliches Ziel hinarbeiteten. Des Papstes
Radiobotschaften, namentlich die von Weihnachten 1942, erreichten
Geistliche und Gläubige und festigten ihre Gedanken und Herzen für
die höheren Ideale der Wahrheit und Gerechtigkeit.
Es ist noch zu früh, das Bild des Papa angelicus zu zeichnen. Möge
ihn Gott uns noch lange erhalten! Wir Deutsche dürfen besonders darum
beten. Denn Pius XII. ist in einer Welt der Abneigung und des Hasses unser
Freund geblieben. Das Vertrauen dürfen wir haben, daß er mit
Gottes Hilfe das Schiff der Kirche glücklich durch die erregten Wogen
und Stürme der Zukunft hindurchsteuern wird.
Die Zukunft der Kirche
Wohin führen die nächsten Jahrhunderte? Werden sie den
Untergang der Kirche bringen? Nein und abermals Nein! Dunkle Wetterwolken
werde sich entladen. So muß es sein. Versuchung, Schwäche,
Verrat, Abfall, Spott, Beschimpfung, Erniedrigung, Terror, Gewalt, Kerker,
Tod, das alles bleibt über den Weg der Kirche gesät, wie über
den Lebensweg ihres Meisters. Aber immer wird auch Achtung bleiben und
Liebe zur Kirche, heldenmütiges Opfer, Starkmut bis zum Tode. "Das
ist die Eigenart der Kirche, daß sie dann geliebt wird, wenn man sie
schmäht, dann verstanden wird, wenn man sie verfolgt, dann obsiegt,
wenn sie geschwächt wird" (St. Hilarius). Der Allmächtige
ist mit der Kirche, Gott der Herr. Kein Feind ist so stark und so
raffiniert, daß er die Kirche vernichten kann. Ein Stärkerer
bleibt schützend und stärkend bei der Kirche alle Tage bis ans
Ende der Welt. Und hätten wir die Verheißung des Herrn nicht,
ein Gang durch die Kirchengeschichte macht uns Gottes Kraft in der Kirche
zum seligen Erlebnis.
Gotteskraft in der Kirche! Für uns frohe Gewißheit: nie wird
die Kirche von der Erde verschwinden. Ob aber nicht in unserem Lande, in
Deutschland, in Europa? Der Bannerträger des modernen Gottlosentums,
sein Prophet, der wie kein anderer die abgründigen Folgen des
Unglaubens erschaut, hat, Friedrich Nietzsche, sagte voraus, nach
zweihundert Jahren würde der Nihilismus, der unvermeidlich
heraufziehe, Europas christliche Kultur vernichtet haben; das künde
sich in hundert Zeichen an: Nietzsche muß nicht recht behalten. Es
gibt auch hundert Zeichen dafür, daß die Geschichte in anderen
Bahnen verläuft, in Bahnen, die uns dem Herrn der Zeiten wieder näher
bringen. Aber dieser Prophet des Unglaubens sollte unser Gewissen wachrütteln!
Jeder von uns spüre heilige Verantwortung für das Schicksal
seiner Kirche im deutschen Lande! Jeder von uns wirke mit am Bau der
einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche! Keiner schrecke
vor Schwierigkeiten und Mühsalen zurück! So hilft er, die
Gegenwart zu erlösen und eine christliche Zukunft heraufzuführen.