Am heutigen Fest des hl. Apostels Bartholomäus laden die Texte
der Liturgie besonders ein, über das Apostelamt nachzudenken. Paulus
schreibt: "Die einen hat nun Gott in der Kirche zu Aposteln bestimmt, andere
zu Propheten, wieder andere zu Lehrern." Im Evangelium wird berichtet,
dass Jesus die Apostel auswählt, nachdem er die ganze Nacht im Gebet
verbracht hat. Da die Bischöfe die Nachfolger der Apostel sind, wird
man sich also fragen: Wie treten heute diejenigen auf, die sich Bischöfe
nennen und auch von einigen für Bischöfe gehalten werden?Ein
so gen. "Weihbischof" (Paul Vollmar) einer international tätigen Sekte,
die oberflächlich betrachtet sogar vereinzelt Ähnlichkeiten mit
der katholischen Kirche aufweist, etwa wegen ihrer Berufsgruppen mit den
Bezeichnungen Bischöfe und Priester, gab kürzlich ein Interview.
Die Fragen betrafen besonders den Bereich des sechsten Gebotes. Diesbezgl.
hat die Kirche sich schon mehrfach klar und verbindlich geäußert,
so dass hier Fragen oft unnötig sind. Aus dem Interview: Zur Frage,
welchen Standpunkt seine so gen. "Kirche" zum Thema Homosexualität
habe, meinte der "Bischof": "Wir weihen ja auch ohne weiteres homosexuell
empfindende Priester. Was wir aber in der Kirche nicht annehmen können,
ist die praktizierte Homosexualität. Selbst die Schweizer Bischöfe
sind nicht grundsätzlich gegen registrierte Partnerschaften, sondern
nur gegen solche mit eheähnlichen Wirkungen." Homosexualität
ist meist eine Folge schwerer Bosheit; vereinzelt kann es eine schwer krankhafte
Neigung sein, die aber immer auch heilbar ist. Nun sieht dieser "Bischof"
also kein Problem darin, Personen, die sehr böse oder sehr krank sind,
zu "Priestern" zu weihen. Und auch "registrierte Partnerschaften" von Gleichgeschlechtlichen
sind kein grundsätzliches Problem. Von der christlichen Verurteilung
der Homosexualität ist bei diesem Bischof nicht viel zu merken. Was
die Empfängnisverhütung betrifft, so meinte der "Bischof": "Für
mich ist das persönlich gebildete Gewissen die letzte Instanz." Das
Gewissen ist ein Verstandesurteil über die moralische Güte einer
Handlung. Hier muss man fragen: Wie bzw. woran soll denn das Gewissen gebildet
werden? Diese Frage lässt der "Bischof" unbeantwortet, eben weil er
eine klare, verbindliche Entscheidung in dieser Sache ablehnt. In der Sekte
dieses "Bischofs" gibt es offiziell das Zölibat für die höheren
Mitglieder, allerdings lehnt dieser "Bischof" die Verpflichtung zum Zölibat
ab. Er meinte, dass er sich nicht genug qualifiziert fühle, über
das Zölibat der Weltpriester zu urteilen. Allerdings sprach er für
seine Kollegen in der Berufsgruppe "Bischof": "Wir machen uns dafür
stark, den Wert des Zölibats anzuerkennen, aber auch verheiratete
Theologen zu ordinieren. Diese Möglichkeit kommt vielleicht mit der
Zeit." Alles in allem ist in den Ausführungen dieses "Bischofs" kaum
die christliche Lehre über Reinheit und Jungfräulichkeit zu erkennen,
vielmehr spricht daraus Geringschätzung der ordentlichen Zucht. Von
den klaren kirchlichen Äußerungen will dieser "Bischof" nichts
wissen, vielmehr relativiert und verwässert er nach Kräften die
christliche Lehre.
Zur in seiner Sekte offiziell nicht erlaubten "Priesterweihe der Frau"
meinte er: "Ich bin Pragmatiker, nicht Dogmatiker. Darum wundere ich mich
über dieses apodiktische Nein. Ich selber bin da offen. Wir sind theologisch
auf der Suche. Allerdings kommen wir in Zugzwang, weil andere christliche
Kirchen, die Anglikaner etwa, die Ordination der Frau eingeführt haben."
Und zum Kommunionempfang bei konfessionsverschiedenen Ehepartnern sagte
er: "Ich denke auch in dieser Beziehung pragmatisch." Außerdem verwies
der "Bischof" auf einen anderen hohen Angestellten seiner Sekte, der bekennt,
er habe noch nie jemandem die Kommunion verweigert. Auch hier sei das Gewissen
der Gläubigen die letzte Instanz.
"Ich bin Pragmatiker, nicht Dogmatiker." Auf diesem Bekenntnis baut
das Gedankengebilde dieses Bischofs und überhaupt seiner Sekte auf.
Ein Dogmatiker orientiert sich an den Offenbarungsquellen und den Texten
des kirchlichen Lehramtes; er untersucht, welche Sätze unfehlbare
Lehre der Kirche sind, wo und wie sie begründet werden, wer sich gegen
diese Sätze ausgesprochen hat und warum. Die Dogmatik ist die wissenschaftliche
Durchdringung der Glaubenslehre, sie ist damit in höchstem Maße
wichtig und auch vom Arbeitsgebiet her sehr umfangreich. Ein guter Theologe
muss sich v.a. in der Dogmatik gut auskennen. Nun erklärt aber ein
so gen. "Bischof", er sei kein "Dogmatiker", womit er offensichtlich meint,
dass er keine ordentlichen dogmatischen Kenntnisse besitzt. Und als wäre
es nicht schon schlimm genug, dass ein "Bischof" unter diesem Mangel leidet,
und dass er wegen dieses Mangels keinerlei Gewissensbisse hat und keinen
Ehrgeiz, diesen Mangel abzustellen, und dass er sich sogar ganz offen als
"Nicht-Dogmatiker" bezeichnet, dass er als Nicht-Dogmatiker aber trotzdem
"theologisch auf der Suche" ist, er nennt sich auch noch einen "Pragmatiker"
und liefert statt dogmatischer Erklärungen nun "pragmatische" "Lösungen".
Mit "Pragmatik" meint er ein Nützlichkeitsdenken, das nur fragt, wie
ein reibungsloser Ablauf möglich ist. Die Bewertung einer Handlung
als gut oder schlecht geht also nicht von objektiven Ordnungen wie dem
Naturrecht oder den kirchlichen Vorschriften aus. Zur Unmöglichkeit
der Weihe von Priesterinnen hat sich die Kirche bereits geäußert,
es kann da also keine, auch keine bloß "pragmatische", Befürwortung
geben. Objektiv besteht kein "Zugzwang", wenn es in anderen Gemeinschaften
"Priesterinnen" gibt, auch in der Kirche Priesterinnen einzuführen.
Dieses "pragmatische" Denken ist also die Rebellion gegen die objektive
Ordnung. Man versucht, sich von vorhandenen Verpflichtungen zu lösen,
indem man behauptet, die objektiven Normen ließen sich in der jeweiligen
Situation nicht anwenden. Leider kann oder will nicht jeder sofort erkennen,
dass diese "pragmatische" Ideologie dieses "Bischofs" mit dem Christentum
unvereinbar ist.
Diese Verballhornung des Bischofsamtes, wie sie von dieser Sekte geleistet
wird, ist an sich schon betrüblich. Noch betrüblicher ist, dass
mittlerweile recht viele, die sich katholisch nennen, es wagen, ohne gründliche
theologische, insbesondere dogmatische Bildung Ansichten zu vertreten,
die einer dogmatischen Überprüfung nicht standhalten. Personen,
die keineswegs die erforderliche Bildung besitzen, konstruieren und publizieren
falsche Theorien, die dann von anderen leichtfertig und damit schuldhaft
geglaubt werden. Statt sich ernsthaft mit wichtigen Fragen auseinanderzusetzen,
geht man "pragmatisch" vor, man verschließt sich der dogmatischen
Auseinandersetzung, ja überhaupt jeder Argumentation. Somit verschließt
man sich auch der von Christus gesetzten Ordnung der kirchlichen Hierarchie,
in der die Bischöfe als Lehrer auftreten. Sicherlich kann sich nicht
jeder umfangreiche dogmatische Kenntnisse aneignen. Aber wenn es um die
Klärung wichtiger Fragen geht, darf man nicht seine Augen verschließen
und sich auf "pragmatische" "Lösungen" zurückziehen. Wählt
man die "pragmatische" "Lösung" als Ersatz für die dogmatische
Erklärung, handelt man selbst gegen die Kirche. Beherzigen wir das
heutige Tagesgebet am Fest des Apostels Bartholomäus: "Gott, wir bitten
Dich nun, laß Deine Kirche lieben, was er geglaubt, und verkünden,
was er gelehrt hat." Amen.
S. auch:
Nachrichten v. 28.05.2000
Christus in Dachau (4 / 23)
Bernhard Kroll und Gotthold Hasenhüttl
Leserbriefe 03.01.1998