Der Friedenspapst im Zweiten Weltkrieg
- Paul Dahm über Papst Pius XII. -
(Kirche zum Mitreden, 14.07.2002)
Das obige Bild veröffentlichen wir unter Vorbehalt - der Betreiber
der Homepage, auf der wir das Bild gesehen hatten, hat uns mitgeteilt,
dass er die genaue Quelle nicht kenne. Solange also kein Widerspruch
seitens
des Rechteinhabers kommt, lassen wir das Bild als Zitat hier
veröffentlicht.
Natürlich kann man seine Augen vor der Vergangenheit
verschließen
(was relativ leicht fällt und mittlerweile auch fast alle machen),
und man kann auch seine Augen vor der Gegenwart verschließen,
dass
eben fast alle ihre Augen vor der Vergangenheit verschließen,
womit
man sich wohl auch einiges an momentanen Widrigkeiten erspart. Anhand
des
unerschöpflich scheinenden Quells an "Holocaust"-Literatur
hat man ja - wie es auch in der Karikatur angedeutet wird - kaum noch
Zeit
und Gelegenheit, nach der Wahrheit zu fragen. Insbesondere der Deutsche
lässt sich lieber mit verlogener Hetzliteratur wie Hochhuths
"Stellvertreter"
füttern, als dass er nach Wahrheit und Gerechtigkeit fragt. Und
das
"Tagebuch der Anne Frank" erweist sich als
wunderbares
Schmökerbuch gerade für Personen, die mit christlichen
Moralvorstellungen
nichts zu tun haben wollen.
Wir hingegen empfehlen, sich nicht durch insbesondere jüdische
Hetze irremachen zu lassen, sondern nüchtern und sachlich zu
fragen,
was es mit der Thematik Kirche und Nationalsozialismus wirklich auf
sich
hat.
Ähnlich dem Schlaglichter-Buch,
handelt
es sich bei dem hier nun zitierten Bildband von Paul Dahm, Pius XII.
Ein
Leben für Gerechtigkeit und Frieden, M.Gladbach 1952, um nahezu
verlorengegangene
Literatur. Das großformatige Buch (23x27cm) enthält
zahlreiche,
bisweilen seitengroße Bilder, die Eugenio Pacelli vor und nach
seiner
Papstwahl zeigen, aber auch von Personen oder Orten, die mit dem Leben
Pacellis in Zusammenhang standen.
Eingefügt sind viele Zitate aus Schreiben und Ansprachen von Pius
XII., aber auch erklärende Kommentare des Autors Dahm.
Aus diesem Buch veröffentlichen wir hier das fünfte Kapitel
vollständig und den Anfang des sechsten Kapitels (51-63.64f). Die
Zitate von Pius XII. sind bei Dahm nur durch Kursivschrift
gekennzeichnet;
der u.E. einfacheren Lesbarkeit halber haben wir diese Zitate durch
eine
größere Schrift und durch eine Umrahmung mit
Horizontallinien
hervorgehoben.
Die genauen Fundstellen der zahlreichen Bilder werden zwar im Anhang
angegeben, aber leider fehlen die genauen Quellenangaben der
Papstzitate.
Der Friedenspapst im Zweiten Weltkrieg
Pius XII. ist zu einer Zeit Papst geworden, die von den Vorzeichen des
nahen Krieges schon umdunkelt ist. Wenige Tage nach seiner Krönung
besetzen Hitlers Truppen die Tschechoslowakei, überfällt
Mussolini
Albanien. Der scharfe, geübte Blick Pius' XII. für die
politische
Wirklichkeit erkennt die Gefährlichkeit der Weltlage, die seit dem
Sommer 1938 immer mehr zur Entladung drängt - trotz der
Konferenzen
in Godesberg und München, auf denen sich Hitler und Mussolini
verbindlich
lächelnd mit den Außenministern der Westmächte
fotografieren
ließen. Der Friedensnuntius des ersten Weltkrieges wird nun als
Papst
die so innig mit seinem Leben und Wirken verknüpfte
Friedenssendung
weitertragen. Er wird in der Brandung der Lüge und des Hasses wie
ein Fels der Wahrheit stehen, seinen Ruf nach Mäßigung,
Liebe
und Frieden in eine vom Lärm der Waffenschmieden und
Soldatenlieder
betäubte Welt hinausschicken.
Bereits am ersten Tag seines Pontifikates tragen die Ätherwellen
seine Stimme um den Erdball. Pius XII. richtet seine erste
Radiobotschaft
an die Welt. Er grüßt die Kardinale und Bischöfe, die
Priester,
die Missionare, die Katholische Aktion, die Armen und Kranken, auch
alle,
die außerhalb der Kirche stehen. Dem väterlichen Gruß
fügt er Wunsch und Einladung für den Frieden an:
... für den Frieden, der auf
Gerechtigkeit
und Liebe gegründet ist ...Er allein verbindet ja und befeuert die
Herzen zur Gemeinschaft mit Gott. Er bildet und führt in heiliger
Christusliebe die Hausgemeinschaft der Familie. Er verbindet
Völker
und Stämme durch gegenseitige Bruderliebe ... Überdies
richten
wir in diesen bangen Zeitläuften, da so viele und so große
Schwierigkeiten
den wahren Frieden, den alle heiß ersehnen, zu gefährden
scheinen,
die demütige Bitte an Gott für alle Staatenlenker, denen das
schwere, doch ehrenvolle Amt aufgetragen ist, die Völker zu
Glück
und kulturellem Aufstieg zu führen ... Unsere Augen schauen
schwerstes
Leid, das die Menschen von heute bedrängt. Waffenlos, aber auf des
Höchsten Hilfe vertrauend, wollen Wir heilende Hand anlegen. Mit
den
Worten des hl. Paulus mahnen wir alle: "Begreift uns doch!" ...
Auch die erste Osterbotschaft Pius' XII. gilt dem Frieden, der eine
"Frucht der Gerechtigkeit" ist. Der Papst stellt den Völkern und
Staatsführern
das Ideal des wahren Friedens dar, der in Christus allein seinen Halt
hat,
in Christus, dem "Hüter der Gerechtigkeit", dem "Spender des
Friedens".
Im Marienmonat Mai eröffnet der Heilige Vater seinen Gebetsfeldzug
für die Erhaltung des Weltfriedens. Gleichzeitig steigern sich
seine
diplomatischen Bemühungen. In Berlin, Rom, Warschau, Paris und
London
überreichen die Nuntien Friedensnoten. Am 10. Mai hat Msgr.
Orsenigo,
der Apostolische Nuntius für Deutschland, eine fruchtlose
Unterredung
mit Hitler. Die Fronten stecken sich bereits ab: Deutschland und
Italien
auf der einen Seite; Frankreich und England werden das bedrängte
Polen
unterstützen. Das diplomatische Wettrennen um die Haltung
Rußlands
wird von Hitler mit dem Abschluß des deutsch-sowjetischen
Nichtangriffspaktes
überraschend gewonnen. Hitler und Stalin sind sich über
Polens
Schicksal einig. Am Tage darauf versucht Plus XII. ein letztes Mal, die
Welt vom Kriege abzuhalten:
Eine ernste Stunde schlägt erneut
für
die große Familie der Menschheit, eine Stunde furchtbarer
Entscheidung.
Mögen alle, die die Last so schwerer Verantwortung tragen, durch
Unsere
Stimme die Stimme Christi vernehmen ... Reiche, die nicht auf
Gerechtigkeit
gegründet sind, haben nicht den Segen Gottes ... Noch ist es Zeit!
Die Männer, die heute die Verantwortung tragen, müssen die
Steuer
herumwerfen und wieder miteinander verhandeln ... Wir beschwören
euch
durch das Blut Christi im Namen der Mütter, im Namen der
unschuldigen
Kinder ...
Aber die Machthaber dieser Welt gehen eigene Wege.
Der zweite große Weltkrieg wälzt sich brennend und mordend
durch Europa. Blühende Städte, ganze Landschaften,
ungezählte
Menschen fallen ihm zum Opfer. Der Brand springt über auf Afrika.
Im fernen Osten greifen die Japaner an. Deutschland und Italien
erklären
den Krieg an die USA. - Bis 1942 siegen die Deutschen. Der
größte
Teil Europas ist besetzt. Deutsche Soldaten vor Moskau. Dann kommt der
Wendepunkt. Stalingrad wird zum Vorzeichen des Untergangs.
Die flehentliche Stimme des Papstes erstickt im Lärm der Waffen,
im Tosen der entfesselten Leidenschaften. Seine Friedensansprachen
während
des Krieges aber sind großartige Zeugnisse der
immerwährenden,
unendlichen liebevollen Sorge des Heiligen Vaters für die
Menschen.
Von innen, vom Geiste her müssen
die
Kräfte kommen, die das Antlitz der Erde erneuern . . , In der
Wirrnis
unserer Tage vermag nur das Bewußtsein von der Gotteskindschaft
dem
Menschen Ruhe und Halt zu geben ... Möchten die Menschen zu
Christus
zurückfinden, möchten sie die Waffen zu seinen
Füßen
niederlegen, damit auf seinem christlichen Altar die Zwietracht jener,
die über das Schicksal der Nationen gebieten, einem
großmütigen
Sieg über die Leidenschaften weiche und Gott das Opfer gebracht
werde,
die Kränkung zu vergessen und in der Gerechtigkeit die Ehre und
Eintracht
der Völker wiederherzustellen ...
Die Menschen haben sich gegen das wahre und
christustreue
Christentum und gegen seine Lehren gestellt. Sie haben sich ein
Christentum
nach ihrem eigenen Geschmack gebildet ... eine neue Religion ohne Seele
... eine Totenmaske des Christentums ohne jeden Hauch vom Geiste
Christi.
Und dann haben sie verkündet, das Christentum habe versagt.
Die päpstlichen Weihnachtsbotschaften des Krieges sind nicht
nur
Verurteilung, sondern vor allem Wegweiser den verirrten Völkern,
eine
neue Ordnung wiederzugewinnen:
Wer will, daß der Stern des
Friedens
über dem menschlichen Zusammenleben aufgehe und leuchte, der helfe
zu seinem Teil mit an der Wiedereinsetzung der menschlichen
Persönlichkeit
in die ihr durch Gottes Schöpferwillen von Anbeginn verliehene
Würde,
... der lehne jede Form des Materialismus ab, ... der gebe der Arbeit
den
ihr von Anfang an durch Gott bestimmten Platz, ... der helfe mit zu
einer
tiefgehenden Wiederherstellung der Rechtsordnung, ... der lege mit Hand
an zum Erstehen einer Staatsauffassung und Staatswirklichkeit, die
aufgebaut
auf zuchtvoller Vernunft, edler Menschlichkeit und
verantwortungsbewußtem
christlichem Geist ...
Mit dem Tage des Kriegsausbruchs arbeitet das Päpstliche;
Informationsbüro,
der Hilfs- und Suchdienst für Kriegsgefangene, Internierte,
Flüchtlinge.
Mit millionenfachem Erfolg! Daneben wendet sich der Papst
hauptsächlich
an die vom Kriege nicht betroffenen Nationen und bittet um materielle
Hilfe
für Gefangene, Heimatlose, Ausgebombte. Und Millionen kann
geholfen
werden. Und wenn jeder von ihnen nur einmal ein Paket, eine kleine Gabe
vom Hilfswerk des Papstes empfangen konnte, er hat die Sorge des
Heiligen
Vaters gespürt.
Am 13. Mai 1942, dem Tage seines silbernen Bischofsjubiläums,
zelebriert
Pius XII. eine heilige Messe am Papstaltar in St. Peter. In einer
Rundfunkansprache
an die Welt deutet er die Siegesgewißheit, Opferbereitschaft,
eucharistische
Christusverbundenheit und Einigkeit der Kirche als die Kennzeichen
ihrer
unerschütterlichen jugendlichen Kraft. Seine Rede schließt
mit
erneuter Mahnung zum Frieden.
Während der Krieg die Ehen und Familien zerreißt, dient
der
Papst dem Leben, pflanzt er das Wort Gottes in die neu gegründeten
Zellen der menschlichen Gesellschaft. Die Ehen gesund zu erhalten, ist
eines seiner größten Anliegen, In den Ansprachen an
Neuvermählte,
die regelmäßig in besonderen Audienzen vom Papst empfangen
werden,
spricht er, der verständnisvolle Vater, zu seinen Kindern von Sinn
und Aufgabe der Ehe:
Die christliche Ehe ist Quell der
Größe
und Dauerhaftigkeit für die Kirche wie für das christliche
Volk
...
Da Gott niemals das Unmögliche befiehlt und mit
dem Gebot auch die Kraft zu seiner Erfüllung gibt, so bringt das
Sakrament
der Ehe, die ein großes Geheimnis ist, mit den Pflichten, die
über
menschliche Kraft hinauszugehen scheinen, zugleich
übernatürliche
Hilfen ... Ihr müßt tief davon überzeugt sein,
daß
eure junge Familie eine heilige Familie sein kann und soll, das
heißt,
eine Familie, die unzerstörbar mit Gott verbunden ist durch die
Gnade
...
Wenn ihr eure Kinder erzieht zu einem tiefen und
tapferen
Christenleben, gebt ihr ihnen und euch selbst die beste Garantie
für
eine glückliche Existenz in dieser Welt und eine selige
Wiedervereinigung
in der anderen ...
Erobert jene Gewohnheit, geduldig zu bleiben, euch
gegenseitig
zu ertragen, eure Fehler und Schwächen einander zu verzeihen, dann
werdet ihr über eure Eigenliebe siegen, und euer Sieg über
euch
selbst wird nicht bloß ein Verzicht, sondern ein Gewinn sein ...
Der Tag der Bischofsweihe Pius' XII. ist der Tag der ersten
Marienerscheinung
in Fatima. So beginnt am 13. Mai 1942 das vom Krieg verschonte Portugal
die großen Jubiläumsfeierlichkeiten in der Mulde von Iria,
die
sich über den ganzen Sommer hin erstrecken. Der marianische Papst
Pius XII. richtet am 31. Oktober dieses Jubiläumsjahres eine
eigene
Radiobotschaft an das portugiesische Volk und spricht zum erstenmal das
Weihegebet an die Unbefleckte Jungfrau, das er am 8. Dezember in St.
Peter
für die gesamte Menschheit wiederholt:
Rotenkranzkönigin, Hilfe der
Christen,
Zuflucht des Menschengeschlechtes, Siegerin in allen Schlachten Gottes!
... Als gemeinsamer Vater der Christenheit, als Stellvertreter dessen,
dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden, der Uns die Sorge
für alle Seelen in der ganzen Welt, die durch sein Blut
erlöst
sind, anvertraut hat, wenden Wir Uns in dieser tragischen Stunde der
Menschheitsgeschichte
an Dich, an Dein Unbeflecktes Herz. Dir, Deinem Unbefleckten Herzen
vertrauen
Wir an, übergeben und weihen Wir nicht nur die heilige Kirche, den
mystischen Leib Deines göttlichen Sohnes, der in so vielen seiner
Glieder leidet und blutet und so sehr gemartert wird, sondern die ganze
Welt, die von wilder Zwietracht zerfleischt, im Brande des Hasses
lodert,
ein Opfer ihrer eigenen Bosheit... O Mutter der Barmherzigkeit, erlange
uns von Gott den Frieden! ... Gib der Welt den Frieden der Waffen und
den
Frieden der Seelen, damit sich in der Ruhe der Ordnung das Gottesreich
ausbreite ...
Die Welt sieht in Papst Pius XII. hauptsächlich den großen
Diplomaten auf dem Stuhle Petri. Die Kirche aber weiß von seinem
Wirken im innerkirchlichen Bereich, von der Tätigkeit seines
Lehramtes,
von der ständigen Sorge um die Gläubigen. Und seine
nächsten
Vertrauten sehen ihn in der Stille beten und arbeiten,
unermüdlich.
Während des Krieges erscheinen die bedeutenden Enzykliken: "Summi
Pontificatus": Verurteilung der grundsätzlichen Irrtümer
unserer
Zeit, vor allem des totalen Staates, und Betonung der Unantastbarkeit
der
Familie, da Mensch und Familie vorstaatlich sind (20. Oktober 1939). -
- "Mystici Corporis Christi": über das
Glaubensgeheimnis
vom mystischen Leib des Herrn, der in der Kirche fortlebt (29. Juni
1943).
- - "Divino Afflante Spiritu": Aufforderung zum intensiveren Studium
der
Heiligen Schrift (30. September 1943). - - "Orientalis Ecclesiae":
Aufforderung,
für die Heimkehr der Ostkirchen zu beten und zu wirken (9. April
1944).
- - "Communium interpres dolorum": Im Maimonat des letzten Kriegsjahres
soll in allen Kirchen um einen baldigen und gerechten Frieden gebetet
werden
(15. April 1945).
19. Juli 1943. Bomben auf Rom. Die Detonationen zerreißen die
Mittagsstille der friedlichen Stadt. - Der Papst arbeitet in der
Bibliothek.
Eine neue Welle. Wieder rauschen die Bomben nieder. Der Boden
erzittert.
Pius XII. greift zum Telefon: Ein Auto und alles verfügbare Geld!
In wenigen Minuten ist der Wagen an der Unglücksstätte. Die
Flugzeuge
dröhnen noch über Rom. Pius XII. mischt sich unter die
Betroffenen.
Er ist ohne Gefolge gekommen und barhäuptig. Erschüttert
sieht
er die Trümmer der altehrwürdigen Easilika S. Lorenzo fuori
le
Mura. Er kniet nieder und betet mit dem Volk für die Opfer des
Angriffs.
Dann wendet er sich den Verwundeten zu, tröstet die Obdachlosen
und
die, deren Schmerz und Klage den Toten gilt. Seine Begleiter
schütten
der leidenden Bevölkerung eine große Geldsumme aus. Einer
der
ärmsten Stadtteile Roms ist getroffen worden. - Am 13. August 1943
greifen alliierte Bomber erneut die ewige Stadt an. Ein Wohnviertel bei
S. Giovanni wird zerstört. Wieder ist der Papst sofort zur Stelle,
beugt sich über die Verwundeten. Ihr Blut rötet sein
weißes
Gewand. Die verantwortlichen militärischen Stellen aber
läßt
Pius XII. wissen, daß jeder weitere Euftangriff auf Rom ihn
sogleich
ungeschützt in den Straßen der betroffenen Stadtteile finden
wird.
Die Alliierten nähern sich Rom. Panzerwagen und Bomben
zerpflügen
die alte kulturreiche Erde. - Der Papst fleht die feindlichen
Mächte
an, Rom zu verschonen und vom Bombenkrieg gegen Frauen und Kinder
abzulassen.
Mit weiten Armen empfängt er Flüchtlinge und Ausgebombte.
Zehntausend
nehmen in seiner Sommerresidenz Castelgandolfo Zuflucht. Die
päpstlichen
Küchen verpflegen sie, in den prächtigen Sälen des
Schlosses
wohnen die Armen, fühlen sich im Hause des Vaters geborgen. An die
Tore des Vatikan klopfen nachts politische Flüchtlinge, und sie
werden
aufgenommen, ganz gleich, welcher Nation, welcher Herkunft. Am 12.
März
1944, am Jahrestag der Krönung Pius' XII., strömen Scharen
von
Flüchtlingen aus der Umgebung von Rom auf dem Petersplatz
zusammen,
um die tröstenden Worte des Heiligen Vaters zu hören:
Von der Not dieser Stunde gezwungen,
heimatlos,
getrennt von euren Angehörigen, ... voll Sorge um ihr Los, wie sie
um das eure zittern, seht ihr doch in eurem Glauben einen Vater im
Himmel,
der versprochen hat, denen, die ihn lieben, alles zum besten zu wenden,
auch das Schwerste und Bitterste ... Keine Mühe haben Wir
gescheut,
keinen Versuch unterlassen, um die Bevölkerung vor dem Entsetzen
der
Evakuierung und Heimatlosigkeit zu bewahren. Als dann die harte
Wirklichkeit
unsere wirklich berechtigten Erwartungen enttäuschte, unternahmen
Wir alles, um wenigstens die Furchtbarkeit dieser Prüfungen zu
lindern
...
Die Alliierten stoßen vom Brückenkopf Anzio aus vor.
Dadurch
wird ein deutscher Widerstand südlich von Rom sinnlos. Am 4. Juni
1944 verlassen die Deutschen Rom und ziehen ihre Truppen nach Norden
zurück.
Sie verzichten auf die sonst übliche Zerstörung der
Nachschubstraßen
des Gegners und schonen die Heilige Stadt. Sie unterlassen sogar, die
Tiberbrücken
zu sprengen, über die einen Tag später die alliierten Panzer
rollen.
Rom atmet auf. Der Krieg, der schon so bedrohlich vor den Toren der
Stadt stand, ist fast lautlos vorübergegangen. Am Nachmittag des
5.
Juni versammeln sich spontan Scharen römischer Bürger auf dem
Petersplatz, um dem Heiligen Vater als dem Beschützer Roms zu
huldigen.
Sie wissen, daß der Papst sich in den letzten Wochen und Monaten
unaufhörlich mit allen seinen Mitteln für die Schonung der
Stadt
eingesetzt hat. Die glücklichen Römer danken ihm dafür.
Pius XII. aber dankt in seiner Ansprache dem Herrgott, der "beiden
kriegführenden
Parteien Gedanken des Friedens eingegeben hat". Für Rom ist der
Krieg
zu Ende, nicht für die Welt. Und der Ruf des Papstes nach Frieden
und nach Gerechtigkeit gegenüber den Besiegten verstummt nicht.
Kriegsweihnacht 1944. Die Ardennenoffensive, der letzte Versuch der
deutschen Wehrmacht, den Vormarsch der Alliierten im Westen
aufzuhalten,
ist zerbrochen. Pausenlose Luftangriffe auf die Heimat. Millionen
Menschen
leben nur noch in Kellern und Bunkern. Frauen und Kinder weinen am
Weihnachtsabend
um ihre Gatten und Väter. Sie sind gefallen, vermißt,
verwundet
oder weichen ausgemergelt, mutlos, ohne Hoffnung dem Gegner. - In St.
Peter
zu Rom stehen um Mitternacht Soldaten aus allen Teilen der Welt in der
Gemeinschaft der Kirche brüderlich nebeneinander und erleben das
Meßopfer
des Heiligen Vaters. Italienische, polnische, französische,
englische,
auch deutsche Weihnachtslieder erklingen. - Am Weihnachtsmorgen
läßt
Pius XII. arme Kinder der Stadt bescheren. 120000 Pakete mit
Liebesgaben
werden verteilt. Der Heilige Vater beschenkt einen Teil der Kinder
persönlich.
Wahrlich, in dieser furchtbaren
Zeitenwende
scheinen die caritativen Fürsorgemaßnahmen, die bei
gewöhnlichen
Notlagen vielleicht hinreichten, einfach nicht zu genügen. Denn
wir
sehen ... die gewaltigen Kinderscharen, die, vom Hunger erschlafft und
fast dem Tode nahe, mit abgemagerten Händchen um Brot bitten, und
"niemand ist, der es ihnen bricht"...
Unter den nahezu unzähligen Härten, die der
grausame Krieg mit sich gebracht hat, verletzt keine Unser
väterliches
Herz mehr als jene, die Scharen unmündiger Kinder trifft, die in
vielen
Völkern durch Kälte, Hunger und Krankheit hinweggerafft
werden.
Niemand versage seine Mitarbeit, seine Kräfte, seine Spende!
Eckstein im Aufbau der Nachkriegszeit
Frühjahr 1945. Die Amerikaner und Engländer erobern West- und
Süddeutschland, die Bolschewisten dringen von Osten her bis in das
Herz des Reiches vor. Die deutsche Wehrmacht streckt am 9. Mai die
Waffen.
Zwei Millionen deutsche Soldaten sind gefallen, die anderen gehen jetzt
müde und verbittert in Gefangenschaft. - Am 6. August wirft ein
amerikanisches
Flugzeug die erste Atombombe auf Hiroshima. Über 150 000 Menschen
werden getötet. Kurz darauf kapitulieren die Japaner. - Der zweite
Weltkrieg ist zu Ende.
Am Tage der deutschen Kapitulation spricht Papst Pius XII. über
den Rundfunk zum Kriegsende in Europa. Er dankt Gott. Er gedenkt der
Toten,
wünscht den Gefangenen baldige Rückkehr. Fordert die Welt
auf,
im Vertrauen auf Gott an den materiellen und sittlichen Wiederaufbau zu
gehen. Am 10. Mai beglückwünscht der Papst den König von
Belgien, die Königin von Holland, die Großherzogin von
Luxemburg
zur Befreiung ihrer Länder, die er vor genau fünf Jahren beim
Überfall der Deutschen seiner Anteilnahme versichert hat.
Am 2. Juni, am Fest des hl. Eugen, hält Pius XII. eine bedeutende
Ansprache an das Kardinalskollegium, in der er die Stellung der Kirche
zum Nationalsozialismus auseinanderlegt, auf ihre Leiden hinweist und
die
Treue der deutschen Katholiken lobend erwähnt. Sein Blick in die
Zukunft
richtet sich auf den fernen Frieden.
In Europa ist der Krieg zu Ende; aber
welche
Wunden hat er geschlagen! Der göttliche Meister hatte gesagt:
Alle,
die ungerecht zum Schwerte greifen, werden durch das Schwert umkommen.
Und nun seht ihr die Hinterlassenschaft eines Staatsbegriffes und einer
staatlichen Wirklichkeit, die den heiligsten Gefühlen der
Menschlichkeit
in keiner Weise Rechnung trägt und die unverletzlichen
Grundsätze
des christlichen Glaubens mit Füßen tritt ... Diesen
Zusammenbruch
hatten Wir von ferne kommen sehen . .. Mehr als zwölf der besten
Jahre
Unseres reifen Alters hatten Wir in Ausübung des Uns anvertrauten
Amtes inmitten des deutschen Volkes gelebt ... So hatten Wir
Gelegenheit,
die hervorragenden Eigenschaften dieses Volkes kennenzulernen ...
Deshalb
hegen Wir auch die Zuversicht, daß es sich wieder zu neuer
Würde
und zu neuem Leben wird erheben können ... Vom Waffenstillstand
bis
zum wahren und ehrlichen Frieden wird der Weg recht mühsam und
lang
sein, allzu lang für das bange Sehnen und Harren einer Menschheit,
die nach Ordnung und Ruhe geradezu hungert ... Das Ziel ist der Friede,
der wahre Friede, der dieses Namens würdig ist, ... der einen
säkularen
entscheidenden Wendepunkt in der Bejahung der Menschenwürde und
geordneten
Freiheit darstellt ... Doch ehe dieser Friede Wirklichkeit wird, bleibt
ebenso wahr, daß Millionen von Menschen zu Hause oder im Krieg,
in
der Gefangenschaft oder in der Verbannung noch einen bitteren Kelch
trinken
müssen. Wie sehr verlangt es Uns, das Ende ihrer Leiden und
Ängste,
die Erfüllung ihrer Sehnsucht zu sehen ...
Die Waffen schweigen, aber das Elend Europas gellt wie ein Aufschrei
durch das Dunkel der Nachkriegszeit. Länder sind verwüstet.
Städte
"ausradiert". Verstörte Menschen suchen in den Trümmern nach
Resten ihrer Habe, suchen nach Toten. Millionen Ausgewiesener,
Heimatloser,
Flüchtlinge ziehen aus dem Osten in das Innere Deutschlands, in
eine
Ungewisse Zukunft. Millionen deutscher Soldaten liegen hinter
Stacheldraht,
körperlich und seelisch am Ende ihrer Kräfte. Der Hunger
dauert
Jahre. Auch das Schicksal der Kriegsgefangenen. Und es gibt immer noch
Konzentrationslager. In unaufhörlicher Geduld erhebt Pius XII.
seine
mahnende Stimme in den Friedensenzykliken "Optatissima pax" und
"Auspicia
quaedam" wie in seinen zahlreichen Ansprachen.
1945: Wer Sühne und gerechte
Strafe
fordert, muß alle Sorgfalt darauf verwenden, daß er nicht
selbst
tut, was er ändern vorwirft ...
1946: Wir wissen, daß die kalten Paragraphen des
Völkerrechts den Sieger erst nach Friedensschluß zur
Befreiung
der Gefangenen verpflichten. Aber die geistigen und sittlichen
Nöte
der Gefangenen selbst und ihrer Angehörigen, die geheiligten Ehe-
und Familienrechte ... fordern, daß endlich Schluß gemacht
werde mit dem System der Gefangenen- und Konzentrationslager ... Die
Möglichkeiten
irriger und übelwollender Auslegungen können Uns den Mund
nicht
verschließen ... Mit unverbrüchlichem Gehorsam gegen den
göttlichen
Stifter der Kirche bemühen Wir Uns und werden Wir Uns bis zur
Erschöpfung
Unserer Kräfte bemühen, Unsere Mission als Verteidiger der
Wahrheit,
als Schützer des Rechts, als Vorkämpfer der ewigen
Grundsätze
der Menschlichkeit und der Liebe zu erfüllen ...
1947: Freiheit kann nur gedeihen, wo Recht und Gesetz
herrschen und die Achtung vor der Würde des Einzelnen wieder stark
und wirksam ist.. . Unterdessen leben immer noch Millionen von Menschen
unter Willkür und Zwang ... Mögen heute auch die dunklen
Mächte
der Zersetzung, Zwietracht und Zerstörung wühlen, um so
überwältigender
sollen sich der Einsatz der Christen, ihre Kräfte der Einheit, der
Ordnung und des Friedens auswirken ...
1948: Besondere Berücksichtigung werden immer die
Ostflüchtlinge verdienen ... War es erlaubt, im Gegenschlag
zwölf
Millionen Menschen von Haus und Hof zu verjagen und der Verelendung
auszuliefern?
...
Der christliche Friedenswille stammt von Gott... Auch
der christliche Friedenswille hat seine Waffen. An erster Stelle: das
Gebet
und die Liebe ...
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