Schuldig i.S.d. Anklage (3)

- Die Bonner Staatsanwaltschaft erklärt uns den Krieg (3) -
(Kirche zum Mitreden, 06.04.2000)

Von der Staatsanwaltschaft Bonn erhielten wir heute folgendes Schreiben (zur Vorgeschichte s. Teil 2 des Schulddramas):


"Geschäfts-Nr.: 20 Js 450/99
Datum: 23.03.00
Betr. : Ermittlungsverfahren gegen Sie u.a. wegen Mißbrauchs von Titeln
Sehr geehrter Herr L.,
in vorgenannter Sache wird mitgeteilt, dass weitere Feststellungen nicht getroffen werden, da § 153 StPO auf eine hypothetische Schuldfeststellung abstellt. Hochachtungsvoll
Krämer, Staatsanwältin"


Aua, das tut weh! Einige Anmerkungen dazu:

1. Bei der SB ist man offensichtlich unentschlossen, ob nun die alte ("Mißbrauch") oder die neue ("dass") Rechtschreibung angewendet werden soll. Leider hört die Unentschlossenheit aber nicht damit auf.

2. Unklar ist, ob das "u.a." nun "und andere" oder "unter anderem" bedeuten soll. Nur ersteres ergibt für uns Sinn.

3. Wenn das Briefdatum (23.03.2000; d.h. unser Fax wurde bereits am folgenden Tag beantwortet) stimmt, dann hat es fast zwei Wochen gedauert, den Brief einzutüten, denn das Datum des Poststempels ist der 05.04.2000. In diesem Fall wusste die SB bei ihrem Antwortschreiben noch nichts von der Strafanzeige, die wir gegen sie bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln erstattet haben. Ob überhaupt etwas in Köln passiert ist, entzieht sich unserer Kenntnis: Während bei anderen Strafanzeigen spätestens nach einer Woche wenigstens eine Eingangsbestätigung bei uns eintrifft, gab es uns gegenüber bislang noch keine Reaktion in dieser Sache.

4. Zwar verwendet die SB wieder die laikale Anrede, gönnte uns aber - anders als sonst - diesmal ein "P." (Abk. f. Pater) im Adressfeld (dies gönnt uns die V2-Sekte fast nie!). Ob uns dies versöhnlich stimmen sollte oder nur ein Dreckfuhler ist, bleibe dahingestellt.

5. Jetzt kommt´s: "153 StPO stellt auf eine hypothetische Schuldfeststellung ab." D.h.: Es ist egal, ob der Betreffende schuldig ist oder nicht, denn selbst WENN er es wäre, bestünde kein öffentliches Interesse an der Verfolgung. Wo bleibt da der Grundsatz (s. Strafanzeige gegen Paul Spiegel), dass die Staatsanwaltschaft dafür sorgen muss, dass dem Recht Genüge getan wird, d.h. dass sie "ebensosehr zum Schutze des Angeklagten als zu einem Auftreten wider ihn verpflichtet ist"? Wenn wir hypothetische Schuldige sind, dann hat die SB diesen Grundsatz fundamental verletzt! Eine Staatsanwaltschaft kann nämlich nur feststellen, dass sich keine einzige Anklage, die gegen uns vorgebracht wird, halten lässt. Nimmt man noch hinzu, dass wir die SB ausdrücklich vor die Alternative "Beweis oder Widerruf - Tertium non datur" gestellt haben, ergibt sich ein völlig trostloses Bild.

6. Wie kann die SB überhaupt auf die Idee kommen, zur Geringfügigkeitserklärung ihre Zuflucht zu nehmen? Man hätte sich in Bonn über das Ausmaß unseres hypothetischen Verbrechens Gedanken gemacht haben müssen, BEVOR man uns zur Polizei zitierte und die weiteren Untersuchungen durchführte. Statt dessen hat aber die SB eigentlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann, d.h. sie hat sich gar nicht erst die Frage gestellt, ob der Staat hier zuständig ist, ob unser Verbrechen so schwerwiegend ist, dass man strafrechtlich gegen uns vorgehen muss (oder, was noch schlimmer wäre, man hat anfangs ein öffentliches Interesse gesehen und dann aus in jedem Falle unlauteren Gründen davor wieder die Augen verschlossen; schließlich ist niemand in größerem Maße an der Einhaltung von Recht und Gesetz interessiert als wir), und ferner hat man die V2-Sekte, d.h. einen Trupp von Kirchenhassern, als kompetente Größe zur Beurteilung unseres Status taxiert. Endlich hat man sich sechs Monate an unserem hypothetischen Verbrechen die Zähne ausgebissen, um nachher zu erklären, dass man keine Ahnung hat, worin unser Verbrechen überhaupt bestehen soll, wobei noch die psychische Belastung eines schwebenden Verfahrens für das unschuldige Opfer außer Acht gelassen ist. Na und wenn schon, wäre ja eh egal! Um unsere Eingangsworte zu wiederholen: Aua, das tut weh!

Kurzum: Ein heilloses Wirrwarr, was uns die SB hier präsentiert. Die Bürger sind alarmiert, dass jemand öffentlich als römisch-katholischer Priester auftritt, ohne mit der V2-Sekte assoziiert zu sein, und obendrein noch eine Homepage zur weltweiten Lektüre anbietet, in der die offizielle "römisch-katholische Kirche" von des Staates Gnaden ganz gehörig an den Pranger gestellt wird. Und nicht nur das: Es werden sogar staatliche Stellen in ihrer Übergöttlichkeit hinterfragt! Wie kann da das öffentliche Interesse fehlen, wenn selbst der Bundespräsident öffentlich nicht mit Lobeshymnen überschüttet wird.

Mit ihrem neuerlichen Schreiben hat die SB noch einmal kräftig Öl ins ohnehin schon lichterloh brennende Feuer geschüttet. Wir hoffen nun, dass die Kölner Generalstaatsanwaltschaft endgültig auslöscht, was schon längst hätte ausgelöscht werden müssen.

[Zurück zur KzM - Startseite]