Holocaust und Babycaust

- Urteil des BGH über die Meinungsfreiheit beim Thema Abtreibung -
(Kirche zum Mitreden, 02.06.2000)

In mehreren Tageszeitungen vom 30.05.2000 / 31.05.2000 wurde über eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs berichtet, derzufolge es erlaubt ist, den Begriff "Babycaust" im Zusammenhang mit Abtreibungen zu nennen. Abtreibungsgegner, organisiert in dem Verein "Aktion Leben", hatten vor dem Nürnberger Klinikum Nord Flugblätter mit dem Text "Damals: Holocaust - heute: Babycaust" verteilt. Dies wurde vom Klinikum als "Ehrverletzung" angezeigt, und das OLG Nürnberg hatte der Unterlassungsklage stattgegeben; dieses Urteil wurde nun vom BGH aufgehoben. Die Begründung der Karlsruher Richter stützt sich im wesentlichen auf einen vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsatz, dass bei "Beiträgen zur öffentlichen Meinungsbildung" eine Vermutung "zugunsten der freien Rede" bestehe. Im Unterschied zur Tatsachenbehauptung sei es unerheblich, ob dieses Urteil "richtig" sei.

Hier einige der Schlagzeilen, die wir im Internet gefunden haben:
"BGH: Flugblätter erlaubt - Bundesgerichtshof: Hetzschriften gegen Abtreibungsklinik müssen geduldet werden" (taz)
"Sieg der Abtreibungsgegner - Bundesgerichtshof: 'Babycaust' zulässige Meinungsäußerung" (Der Tagesspiegel)
"'Babycaust' zulässige Meinungsäußerung - Abtreibungsgegner siegen vor Bundesgerichtshof " (RHEINPFALZ ONLINE)
Diese Zeitschriften erhalten unseren Text per e-mail.

Handelt es sich bei den Flugblättern um Hetzschriften? Ist es, wie uns die Zeitungen glauben lassen möchten, ein "Sieg für Abtreibungsgegner", wenn der BGH die Wortschöpfung "Babycaust" zulässt? Weder - noch! Auf die Idee, die Flugblätter als "Hetzschriften" abzukanzeln, ist anscheinend auch nur die taz gekommen, und von der erwartet niemand, dass sie christliche Grundwerte wie z.B. das Lebensrecht der Ungeborenen vertritt. Mit ihrem antichristlichen Aktivismus hat dieses Blatt wohlverdienten Spott in Hülle und Fülle auf sich gezogen. Gerade die taz beruft sich für ihre antichristliche Propaganda gern auf die "Meinungsfreiheit"; wenn nun eine Meinung geschützt wird, die nicht mit der taz-Meinung konform ist, liefert die taz gleich Hetzartikel wie den über die so gen. "Pamphlete" ab. Was nun die "Siegerfrage" betrifft, so können wir auf unseren Text Das Herodes-Prinzip verweisen, der übrigens bislang unbeanstandet geblieben ist. Die Tragödie ist, dass sich die Justizbehörden überhaupt auf eine Verhandlung einließen. Das Problem ist die Ideologie, dass der Staat die absolute höchste Norm ist, d.h. ein Sittengesetz, das nicht der staatlichen Willkür vollständig unterworfen ist, wird restlos geleugnet. Der absolute Staat kann ganz nach Lust und Laune Mord, Diebstahl, Verleumdung etc. verbieten, erlauben oder vorschreiben. Er besitzt alle Gewalt.

Indem der objektiv zulässige Vergleich des Massenmordes an Unschuldigen damals mit dem Massenmord an Unschuldigen heute überhaupt zur Verhandlung kam, hat der Staat sich mal wieder als oberstes Reglementierungsorgan profiliert. Und wer heute diese gerichtlichen Vorgänge akzeptiert, der wird morgen vielleicht mit anderen Entscheidungen konfrontiert werden, die dann ungünstiger für diejenigen ausfallen, die im Recht sind (in diesem Falle also die Abtreibungsgegner). Deshalb: Wehre den Anfängen! Wir lassen uns nicht einen Ring in die Nase stecken, und ebensowenig trotten hinter unserem Schlächter her. Wenn etwas gesagt werden muss, dann sagen wir es auch.

Der vom BVG aufgestellte Grundsatz, dass für "Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung" nicht das Wahrheitsprinzip gelte, ist mit dem christlichen Sittengesetz nicht in Einklang zu bringen. Eine falsche Meinung zu äußern, ist nun einmal verboten, weil ja damit die "öffentliche Meinungsbildung" in die falsche Richtung geht. Aufgabe des Staates ist es eben nicht, die Verrohung und Verwahrlosung der Bürger sicherzustellen, sondern für das Wohl der Bürger zu sorgen. Dazu gehört unabdingbar die Verteidigung von Wahrheit und Gerechtigkeit. Demagogie und Agitation sind keine Stützen des Bürgerwohls.

Wegen der früheren Texte über die Abtreibungsthematik, aber auch allgemeiner Aussagen über die Schranken der Staatsgewalt, wollen wir hier nur noch einen Gesichtspunkt erwähnen, der - ähnlich wie die Judenverfolgung - konkret mit der Nazizeit in Verbindung gebracht wird, und das ist die so gen. "Gleichschaltung". Lt. Brockhaus (Mannheim (8)1998) ist Gleichschaltung "in autoritären Staaten die Vereinheitlichung aller Lebensäußerungen auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet". In ausführlicheren Werken wird meist auch der Nationalsozialismus als typisches Beispiel genannt. Kernpunkt ist aber immer die Total-Reglementierung des gesellschaftlichen Lebens durch eine verlogene Obrigkeit. Bei den Nazis war es also nicht erlaubt, die Wahrheit aufzudecken; zu den bekanntesten Opfern dieser Reglementierung gehören die Geschwister Hans und Sophie Scholl. Wenngleich von jüdischer Seite geleugnet (s. Paul Spiegel), haben viele Kleriker wegen ihres entschlossenen Bekenntnisses gegen die Nazi-Ideologie ihr Leben verloren; Schriften von Klerikern wurden beschlagnahmt (s. Kirche und Gegenwart), und ganz oben auf dem Index der vom Staat verbotenen Schriften stand die Enzyklika "Mit brennender Sorge". Wo es um Letztes und Höchstes geht, da hat der Staat keine Reglementierungsvollmacht mehr; wenn der Staat dennoch auf dieser Reglementierung beharrt, gilt das Widerstandsrecht. Wann einem Staat im Reglementierungswahn die Puste ausgeht, ist nicht immer abzusehen, aber es wird ihm die Puste ausgehen. Dafür muss nicht zwangsläufig eine menschliche Instanz den Ausschlag geben.

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