Predigt am 27.10.2002

- Christkönigsfest -
(Kirche zum Mitreden, 27.10.2002)
Lesungen: Kol 1,12-20; Joh 18,33-37
Christen, die ihren Glauben mutig bekennen, werden von der gottfeindlichen Welt bisweilen durch unpassende Vergleiche mit Spott überzogen. Einer der beliebtesten dieser haltlosen Vergleiche: Gläubige Christen sind Geisterfahrer auf einer Autobahn; obwohl sie selbst auf der falschen Spur fahren, halten sie die Massen von entgegenkommenden Fahrzeugen für Geisterfahrer. Die Grundaussage dieses Vergleiches ist: Als einziges sicheres Merkmal dafür, dass eine Sache richtig ist, dient die Mehrheit. Übertragen auf den Glauben bedeutet das zum Beispiel: Glaubt die Mehrheit, dass die Auferstehung Christi kein historisches Ereignis war, dann ist der im Unrecht, der Christi Auferstehung ein historisches Ereignis nennt. Nicht das Dogma, sondern nur die Mehrheit zählt.
Ein anderer Vergleich: Das Bekenntnis der Christen ist ähnlich wie der Kampf des Don Quijote gegen die Windmühlen: nicht nur aussichtslos, was den Sieg betrifft, sondern schlichtweg völlig dumm. Wer seinen Glauben trotz der feindlichen Übermacht bekennt, ist - so der Vergleich - nicht besser als der geisteskranke Don Quijote.
Don Quijote ist der Titelheld des zweiteiligen Romans, den der Spanier Miguel de Cervantes Saavedra um 1600 geschrieben hat. Cervantes stand eine Zeitlang im Dienst des Prälaten und späteren Kardinals Guilio Aquaviva, der auch Nuntius in Spanien war. 1570-1575 tat Cervantes Dienst in der spanischen Armee; besonders heldenhaft war sein Einsatz in der Seeschlacht von Lepanto 1571, wo er schwer verletzt wurde - sein linker Arm blieb gelähmt.
Wir stehen noch im Rosenkranzmonat Oktober; am 7. Oktober feierte die Kirche das Rosenkranzfest. Im Schott heißt es zum Rosenkranzfest: "Das Fest wurde 1573 von Gregor XIII. für alle Kirchen eingeführt, in denen sich ein Rosenkranzaltar befand, zum Danke für den glorreichen Seesieg über die Türken bei Lepanto (7. Oktober 1571), der nicht zum geringen Teil der Macht des Rosenkranzgebetes zuzuschreiben war. Papst Klemens dehnte es auf die ganze Kirche aus, als wiederum offenbar durch die Kraft des Rosenkranzgebetes im Jahre 1716 bei Peterwardein durch den Prinzen Eugen ein glänzender Sieg über die Türken errungen wurde."
Soweit der Schott; in einem katholischen Geschichtsbuch heißt es über den Sieg von Lepanto: "Mit unermeßlichem Jubel wurde die Kunde von der Niederlage der Türken in der ganzen christlichen Welt aufgenommen. Der Sieg war ein Triumph des Papstes, der noch einmal, zum letzten Male, es verstanden hatte, die auseinanderstrebenden Interessen der romanischen Völker zum einheitlichen Kampf gegen den gemeinsamen Feind zusammenzufassen und dadurch Südeuropa vor der osmanischen Eroberung zu retten."
Der Roman Don Quijote ist im Kern gedacht als eine Satire auf die Ritterromane; der Zweck einer Satire besteht darin, auf komisch-unterhaltsame Weise Fehler von Einzelpersonen oder Gruppen überspitzt darzustellen, also Spott über jemanden auszugießen. Insofern passt es schon, wenn diejenigen, die die Christen verspotten wollen, dabei auf eine Satire zurückgreifen. Fraglich ist allerdings noch immer, ob der Vergleich von bekenntnistreuen Christen mit Don Quijote zulässig ist. Von der Person des katholischen Autors und mutigen kirchentreuen Soldaten Cervantes ist das jedenfalls schon einmal auszuschließen, und, wie sich zeigt, hinsichtlich des Romans selbst auch.
Der Titelheld Don Quijote hat seine Zeit damit vergeudet, unzählige Ritterromane zu lesen, und hat dabei seinen Realitätssinn verloren. Er will nun selbst ein Leben als heldenhafter Ritter führen, dafür schwingt er sich auf den Rücken seines kraftlosen und keineswegs edlen Pferdes und trottet über die Wege Spaniens. Don Quijote ist wirklich eine Witzfigur, jemand, der die Wirklichkeit ignoriert, ganz im Wahn seiner Ritterromane befangen.
Hier fragt sich nun: Was haben Ritterromane mit der katholischen Lehre zu tun? Sicher, für die Feinde Christi ist das Neue Testament nur ein Märchenbuch, in dem ein paar Schwarmgeister ein paar sonderbare Geschichten über jemanden namens Jesus zusammenphantasiert haben. Die selbsternannten "Wissenschaftler" wollen dann mit einer so gen. "historisch-kritischen Methode" herausfiltern, was nun historisch ist und was nachösterliche Verfälschung ist. Nachösterlich meint dabei natürlich nicht "nach der Auferstehung Christi", da diese ja nicht als historische Tatsache gelten gelassen wird, sondern "einige Zeit nach dem Tod Christi", als sich das Märchen von der Auferstehung Christi verbreitete. In dieser Ideologie ist nicht mehr das Wirklichkeit, was wirklich ist, sondern nur das Wirklichkeit, was vom Menschen zur Wirklichkeit erklärt wird.
Die Feinde Christi meinen weiter: Wer im Bekenntnis zu Christus trotz der argumentationslosen, dafür aber mächtigen Gegnerschaft treu bleibt, der handelt nicht vernünftiger als der geisteskranke Don Quijote, der gegen Windmühlen zu Felde zieht, die er für gefährliche Feinde hält. Hier lässt sich eigentlich gar nichts vergleichen, denn: Die Feinde Christi sind reale Feinde, die mit Freuden literweise das Blut der Märtyrer vergießen. Je mehr man darüber nachdenkt, desto klarer wird, dass ein Vergleich von treuen Christen mit Don Quijote völlig absurd ist. Es gibt tatsächlich Personen, die sich sogar Christen nennen, die absolut alles, was für die christliche Lehre grundlegend ist, bekämpfen, angefangen mit der Lehre von der Erbsünde über die Lehre von der Auferstehung Christi bis hin zur Lehre über Himmel und Hölle. Wer sich ihnen in den Weg stellt, der erfährt sehr deutlich ihre gigantische Macht, ihre zügellose Brutalität und ihren oft von Erfolg gekrönten sadistischen Vernichtungswillen. Windmühlen haben keine Meinung und gehen auch nicht auf Menschenjagd.
Schauen wir abschließend auf die Schlussworte des heutigen Evangeliums: Jesus, vom Volke verurteilt, scheinbar völlig machtlos, steht vor Pilatus und spricht: "Ja, Ich bin ein König! Dazu bin Ich geboren und in die Welt gekommen, daß Ich für die Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf Meine Stimme."
Während Don Quijote in einem Wahn lebt, folgen die Christen dem, der "für die Wahrheit Zeugnis gibt", dem "König der Könige". In den Augen der gottfeindlichen Welt ist Jesus ein erfolgloser Schwärmer, der mit seiner Botschaft gescheitert ist und dessen schmachvoller Tod am Kreuz, unter dem Spott der selbstverliebten Menge, der unrühmliche endgültige Abschluss dieser Schwärmerei war. Wer Christus nachfolgt, der ist in den Augen der gottfeindlichen Welt ebenfalls nur ein Geisteskranker wie Don Quijote.
Im Endeffekt sind aber höchstens diejenigen mit dem Geisteskranken Don Quijote zu vergleichen, die gegen das Werk Christi, die Kirche, zu Felde ziehen: Sie verschließen ihre Augen vor der Realität, dass Christus auferstanden ist, vor der Realität, dass Christus seine Kirche leitet, und vor der Realität, dass der Mensch nach seinem Tode von Christus gerichtet wird. Amen.

Weitere Texte:
Geisterfahrer-Vergleich
Seeschlacht von Lepanto / Koran

Christkönigsfest 1997
Christkönigsfest 2000

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