Predigt am 19.10.2003

- 19. Sonntag nach Pfingsten, sd -
(Kirche zum Mitreden, 19.10.2003)
Eph 4,23-28; Mt 22,1-14

"Leget ab die Lüge und redet die Wahrheit." In der Heiligen Schrift wird immer wieder vor der Lüge gewarnt. Durch das achte Gebot ist die Lüge verboten. In der alttestamentlichen Weisheitsliteratur heißt es: "Ein Greuel für den Herrn sind falsche Lippen" (Spr 12,22). Und Jesus spricht zu den Juden: "Ihr habt den Teufel zum Vater und wollt nach den Gelüsten eures Vaters tun. Er war ein Menschenmörder von Anbeginn. Er war in der Wahrhet nicht gefestigt, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er lügt, spricht er nach seinem eigenen Wesen. Denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge" (Joh 8,44). Die Kirche betont immer wieder, dass die Lüge niemals erlaubt ist. Es ist ein furchtbares Elend, dass manche trotz der beständigen klaren Lehre der Kirche daran festhalten wollen, dass z.B. eine "Notlüge" erlaubt sei, dass man also lügen dürfe, um einen eigenen oder fremden Vorteil zu erzielen. Will man aber wirklich als neuer Mensch leben, der nach Gott geschaffen ist, will man in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit leben, dann muss man auch das Übel der Lüge aus seinem Leben verbannen. Wir müssen es uns zum Ziel setzen, niemals mehr zu lügen. Betrachtet man die klaren Worte der Heiligen Schrift und die eindringliche Lehre der Kirche, so muss uns bereits der Gedanke an die Lüge mit Entsetzen und Abscheu erfüllen. Ein Greuel für den Herrn sind falsche Lippen. Der Teufel ist der Vater der Lüge. Nein, wir wollen keine Kinder des Teufels sein, vielmehr wollen wir in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit leben.
Die Lüge ist eine Äußerung, mit der man etwas anderes ausdrückt, als man für wahr hält. Demnach ist es auch eine Lüge, wenn man etwas Richtiges sagt, sofern man es für falsch hält, und es ist keine Lüge, wenn man etwas Falsches sagt, sofern man es für richtig hält. Und hier kommt noch ein äußerst wichtiger Punkt hinzu: Man darf bei seinen geäußerten Urteilen nicht leichtfertig sein! Auch hier besteht die Gefahr, dass man sich selbst belügt, dass man sich also einreden möchte, eine Aussage sei sachlich richtig und damit sei man berechtigt, diese Aussage auch zu veröffentlichen. Ein konkretes Beispiel: Ein Autor bezeichnete einen Bischof öffentlich als Psychopathen. Es ist natürlich eine fürchterliche Ehrverletzung und ein äußerst schweres Unrecht, eine Person als psychisch kranken Menschen zu bezeichnen, erst recht dann, wenn diese Äußerung öffentlich geschieht und es sich zudem bei dieser Person um einen Bischof handelt. Der Autor wurde zwar nach der Begründung für dieses Urteil gefragt, weigerte sich aber, eine Begründung dafür zu geben oder sich auch nur für diese entsetzliche Verunglimpfung des Bischofs zu entschuldigen. Seine Weigerung blieb auch bestehen, als man darauf aufmerksam machte, dass der Autor selber diesen Bischof gar nicht kannte und dass diejenigen, die den Bischof kannten, eine psychische Erkrankung völlig ausschlossen. Hat der Autor also gelogen? In jedem Falle hat er mit erschreckender Leichtfertigkeit Rufmord an einem Bischof begangen, und er versperrt sich radikal dagegen, diese Sache in Ordnung zu bringen. Wenn sich der Autor nun einredet, sein Rufmord gegen den Bischof sei gerechtfertigt, dann lügt er sich selbst an, denn es gibt nicht nur keinen Beweis für die Richtigkeit dieses Urteils, es gibt sogar Gegenbeweise. Wie tief muss ein Mensch gesunken sein, dass er skrupellos zutiefst ehrverletzende Unwahrheiten über seine Mitmenschen verbreitet? In welcher Umklammerung durch den Teufel muss ein Mensch leben, dass er zu solchen absolut schmutzigen Methoden greift, um das verdiente gute Ansehen seiner Mitmenschen zu zerstören. So etwas darf uns auf gar keinen Fall passieren. Wenn wir in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit leben wollen, dann müssen auch unsere Urteile, die wir über andere Menschen äußern, von wahrer Gerechtigkeit geprägt und durchdrungen sein. Und sollte es doch einmal erforderlich sein, dass wir an anderen Menschen Kritik üben müssen, dann muss auch diese Kritik aus wahrer Gerechtigkeit geboren sein und wiederum die Verwirklichung von wahrer Gerechtigkeit zum Ziel haben. Gerade die Kritik an anderen Personen und erst recht die öffentliche Kritik an anderen Personen kann und darf von keinem anderen Sinn bestimmt sein als eben dem der wahren Gerechtigkeit. Es kann also durchaus sein, dass man sogar in der Öffentlichkeit an anderen Kritik übt, aber dass darf immer nur eine begründete und notwendige Kritik sein. Wer nichts davon wissen will, dass seine Kritik an anderen unberechtigt ist, der ist ein williger Sklave des Teufels. Hüten wir uns also dringend und unbedingt vor der Lüge ebenso wie vor der Leichtfertigkeit bei der Äußerung von Urteilen. Wenn wir die Gefahr sehen, dass wir ein falsches Urteil äußern, dann äußern wir dieses Urteil nicht. Es mag manchmal sehr verführerisch sein, an jemandem Rufmord zu begehen, indem man ihn ohne jeden vernünftigen Grund und sogar gegen alle Vernunft als Psychopathen bezeichnet. Das könnte sogar in manchen Fällen als Notlüge gewertet werden, wenn z.B. ein Gegner mundtot gemacht werden soll oder man bei dem Unrecht, dass der Gegner erfährt, Schadenfreude empfindet und man sich diesen Genuss der Schadenfreude nicht entgehen lassen will. Trotzdem bleibt so ein Verhalten verboten, zumal insbesondere die Schadenfreude eine furchtbare Verirrung des Geistes und mit der christlichen Botschaft nicht vereinbar ist. Legen wir die Lüge ab und reden wir die Wahrheit.
Die Gesichter der Lüge sind zahlreich und nahezu allgegenwärtig. Inmitten der tobenden Unwahrheiten, seien sie nun aus unentschuldbarer Leichtfertigkeit im Urteil oder aus ganz bewusster Bosheit geboren, weist uns die katholische Kirche den Weg aus dem Elend. Mitten in den Wirren der nationalsozialistischen Vergiftung erinnerte Papst Pius XI. daran: "Der Christusglaube wird sich nicht rein und unverfälscht erhalten, wenn er nicht gestützt und umhegt wird vom Glauben an die Kirche, 'die Säule und Grundfeste der Wahrheit'" (1. Tim. 3, 15.). Deshalb greifen die Diener des Teufels ganz besonders die Kirche an. Sie möchten die Kirche hinstellen als einen bloßen Verein, der eben nicht mit der Gnade der Unfehlbarkeit ausgestattet ist. Sie verbreiten Sätze, die im Widerspruch zur kirchlichen Lehre stehen. Und nicht nur das: Sie behaupten sogar, dass diese falschen Sätze die neue kirchliche Lehre wären, so als ob sich die Wahrheit ändern könnte, so als ob die unfehlbare Lehre der Kirche doch nicht unfehlbar wäre, so als ob Gott der Vater der Lüge wäre, der sein Volk, die Kirche, in die Irre führt. Ja, die Diener des Teufels gehen sogar mit gerichtlicher Hilfe gegen diejenigen vor, die noch an der Wahrheit festhalten. Sicher, wo immer es nötig ist, werden wir die die wahre Kirche verteidigen müssen, werden wir die Wahrheit über die Kirche bekennen müssen, selbst wenn es uns einen irdischen Nachteil einbringen sollte. Aber damit wir diesen Kampf um die wahre Kirche in der richtigen Weise führen, müssen wir selbst in den kleinen Dingen des Alltags als neue Menschen leben. Deshalb soll unser ganzes Leben von der Wahrheit durchdrungen sein. Wenn wir in den kleinen Dingen die Lüge meiden, werden wir auch treu zur Wahrheit stehen können, wenn ein großes Opfer von uns verlangt wird. Tragen wir auch nach jeder hl. Messe die letzten Worte des Schlussevangeliums in uns: "Und wir haben Seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit." Amen.

S. auch:
Der Begriff "römisch-katholisch"
Ihr sehr ergebener ...
Enzyklika "Mit brennender Sorge" ["Cum Cura ardenti"]
connis Credo

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