LG Bonn: Vorsitzender Richter beschimpft alle Prozesszuschauer als "Vollidioten"

- Text der Pressemeldung - zur freien Verwendung und Verbreitung -
(Kirche zum Mitreden, 24.03.2007)
richter im landgericht bonn bei G.
zuschauer beim landgericht bonn bei G.
Beleidigung Richterspruch bei G.
osze + Beleidigung bei G.
Folgender Text (nur ASCII) ging heute (24.03.2007) mitsamt den ausführlichen Kontaktdaten u.a. an zahlreiche Pressestellen:
Am 09.03.2007 hat Schwill, Vorsitzender Richter am Landgericht Bonn, sämtliche Zuschauer eines Prozesses gegen den Anwalt Claus Plantiko als "Vollidioten" beschimpft. Claus Plantiko hat deshalb am 23.03.2007 darum gebeten, mit Strafanzeigen/-anträge, Schadensersatzforderungen, Beschwerden, öffentlichen Mitteilungen etc. gegen diese Zustände vorzugehen.
Besonders bemerkenswert ist, dass Plantiko in just diesem Prozess zu einer sehr hohen Geldstrafe verurteilt wurde - u.z. wegen "Beleidigung". Claus Plantiko gehört zu den mittlerweile recht zahlreichen Justizbeobachtern, die auf die Ungesetzlichkeit des "Beleidigungs-Paragraphen" hinweisen: Der § 185 StGB enthält keinerlei gesetzliche Bestimmtheit der Beleidigung, damit verstößt er gegen das Prinzip "Keine Strafe ohne Gesetz", wie es z.B. in a) StGB § 1, b) GG Art. 103 und c) EMRK Art. 7 festgelegt ist. Darüber hinaus verstößt der Paragraph gegen die Bestimmungen der KSZE, cf. die Stellungnahme v. 24. Mai 2002: "Strafgesetze gegen Beleidigung und Diffamierung werden häufig als nötige Abwehr gegen angeblichen Missbrauch der Meinungsfreiheit gerechtfertigt. Sie sind aber mit OSCE Normen nicht konform, und deren Anwendung bildet einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäusserung."
Wie Claus Plantiko bewiesen hat, gibt sogar das BVerfG selbst zu, dass "Beleidigungs-Prozesse" infolge inexistenter gesetzlicher Bestimmtheit immer illegal sind. Aber das BVerfG behauptet, der Begriff der Beleidigung habe "durch >100jährige und im Wesentlichen einhellige Rechtsprechung einen hinreichend klaren Inhalt erlangt, der den Gerichten ausreichende Vorgaben für die Anwendung an die Hand gibt und den Normadressaten deutlich macht, wann sie mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu rechnen haben."
Damit wird der Richter selbst zum Gesetzgeber, er hebt also die Gewaltentrennung auf. Der Bürger kann sich nicht mehr durch ein Gesetz informieren, was verboten ist; er weiß nicht vor der Tat, sondern erfährt erst nach der Tat, dass er angeblich eine Straftat begangen hat. Der Bürger muss nun also die "Rechtsprechung" von über hundert Jahren (Anfang und Ende offen) studieren, um daraus die "im Wesentlichen einhellige Rechtsprechung" zu filtern. In konkreten Zahlen: Allein in den Jahren 2003 bis 2005 gab es in Deutschland weit über eine halbe Million "Beleidigungsprozesse"; zum Vergleich: In Großbritannien gab es in demselben Zeitraum nur einen einzigen "Beleidigungsprozess". Eine "im Wesentlichen einhellige Rechtsprechung" bedeutet im Klartext, dass es unterschiedliche Beurteilungen der gleichen Fälle gibt. Dies belegen auch die vollkommen widersprüchlichen Urteile bei ein- und demselben "Beleidigungsdelikt" wie z.B. dem Duzen oder der Titulierung als "A****loch".
Justizbeobachter sind sich zudem einig, dass "Beleidigungsprozesse" nicht dem Ehrenschutz, sondern dem Täterschutz dienen: Wer die Wahrheit ans Licht bringt, kann dafür völlig problemlos mit dem "Beleidigungs"-Vorwurf als "Straftäter" diffamiert und mundtot gemacht werden.
Ob gegen Schwill wegen seiner Vollidioten-Rede überhaupt ein Verfahren eröffnet wird, ist derzeit nicht bekannt.


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