Predigt 02.12.2007

- 1. Advent, sd I cl; Röm 13,11-14; Lk 21,25-33 -
(Kirche zum Mitreden, 01.12.2007)
Wörter: 1092
Am ersten Advent 1933 hielt Kardinal Michael Faulhaber die erste seiner fünf berühmten Predigten zum Thema "Judentum - Christentum - Germanentum". Darin erinnert er, der ehemalige Universitätslehrer für Altes Testament, angesichts der grassierenden antijüdischen Haltung im deutschen Volk, sowohl an die Bedeutung des Alten Bundes als auch an das Ende des Alten Bundes. Faulhaber wörtlich: "Nach dem Tode Christi wurde Israel aus dem Dienst der Offenbarung entlassen. Sie hatten die Stunde der Heimsuchung nicht erkannt. Sie hatten den Gesalbten des Herrn verleugnet und verworfen, zur Stadt hinausgeführt und ans Kreuz geschlagen. Damals zerriß der Vorhang im Tempel auf Sion und damit der Bund zwischen dem Herrn und seinem Volk." Soweit Faulhaber 1933. Der heutige erste Advent 2007 könnte vielleicht ein passender Zeitpunkt sein, in aller Ruhe über das Verhältnis von Kirche und Nationalsozialismus nachzudenken, denn so ganz ist das Thema anscheinend noch nicht vom Tisch: Schon seit Jahrzehnten wird die katholische Kirche als schuldig, ja hauptschuldig an der Judenverfolgung unter Hitler hingestellt. Die Absurdität dieser Verleumdungen müsste sich bereits bei der Lektüre der Faulhaber-Predigten erledigt haben, aber ganz im Gegenteil: Immer mehr Menschen berauschen sich immer fanatischer an den Lügen der Feinde Christi. Der Beginn der großangelegten öffentlichen antikirchlichen Verleumdungskampagnen lässt sich - wenig überraschend - ziemlich genau datieren auf die Zeit unmittelbar nach dem Tod von Papst Pius XII. So wird z.B. ein Artikel aus dem Jahr 1961, verfasst von einem jungen Juristen namens Ernst-Wolfgang Böckenförde, als radikaler Wendepunkt in der Geschichtsschreibung über Kirche und Nationalsozialismus gefeiert. 1963 behauptete ein bekannter Protestant und Sozialdemokrat (Kurt Sontheimer), erst seit diesem Böckenförde-Artikel würde die Auseinandersetzung über die katholische Kirche im Dritten Reich "in das Stadium ernster wissenschaftlicher Bemühungen" treten. Plötzlich wird die bislang allgemeine Erkenntnis, dass Kirche und Nationalsozialismus in Feindschaft gegenüberstanden, verworfen zugunsten der Illusion, dass die Kirche wenigstens mitschuldig gewesen sei an den nationalsozialistischen Verbrechen. Nun muss man auch Böckenfördes Situation berücksichtigen, wenn man ihm für seine antikirchliche Hetzschrift Gerechtigkeit widerfahren lassen möchte. Böckenförde ist nun mal Jurist, das heißt er gehört selbst zu der wichtigsten Einrichtung, mit der die Nazis ihre Terrorherrschaft durchgesetzt haben. Die Justiz huldigte dem teuflischen Rechtspositivismus, demzufolge der Staat über Gott steht. Das Credo der Rechtspositivisten lautet: Alle Gewalt geht gerade nicht von Gott, sondern nur vom Menschen aus. Dementsprechend verhängten Roland Freisler und seine Justizgenossen Kerker- und Todesstrafen gegen rechtschaffene Kleriker, gerne mit solchen inhaltslosen Straftatvorwürfen wie "Beleidigung". Nach der Kapitulation der Wehrmacht 1945 blieben so gut wie alle diese skrupellosen Justizverbrecher ungestraft, ja sie wurden sogar oft noch für ihre abscheulichen Verbrechen geehrt und befördert. Das Dritte Reich lebte also auch nach der Kapitulation fort, namentlich in den vom Rechtspositivismus zerfressenen Richtern. Da ist es verführerisch, von seinen eigenen begangenen Verbrechen und besonders von seiner fortbestehenden verbrecherischen Ideologie abzulenken. Also lenkt man den Blick der Öffentlichkeit auf erfundene Verbrechen und lässt sich dafür noch als Herold der Gerechtigkeit feiern. Dass der Nachwuchs aus dieser Rechtspositivisten-Vereinigung selbst auch dem Rechtspositivismus huldigen muss, um überhaupt in dieser Vereinigung eine Chance zu haben, leuchtet ein. Die Seuche des Rechtspositivismus konnte also herrlich weiterwuchern, insbesondere in der Justiz: Sogar die in der Nazizeit so beliebten Beleidigungsprozesse gegen Rechtschaffene wurden nicht nur nicht gesühnt, sondern fanatisch weiterbetrieben. Und während der Mord an hilflosen Unschuldigen von den Nazis immerhin noch einigermaßen vertuscht wurde, wird er heute von der Justiz ganz offen als Inbegriff der Gerechtigkeit verkündet und auch offen vollzogen. Die Abtreibungszahlen allein auf dem kleinen Gebiet der "brd" übersteigen um ein Vielfaches die gesamten jüdischen Opferzahlen im gesamten riesigen Wirkungsbereich der Nazis. Und einer der glühendsten Prediger und Kämpfer für den rückhaltlosen Massenmord im Mutterleib ist eben Ernst-Wolfgang Böckenförde, der als sog. "Verfassungsrichter" zu der auch von ihm durchgesetzten "Legalisierung" des Kindermords ausdrücklich erklärte, dass nicht die göttlichen Gebote, sondern nur die staatlichen Wünsche ausschlaggebend seien. Immerhin: Böckenförde betonte dabei mit äußerstem Nachdruck, wenn auch nur lügnerisch, dass er Katholik sei. Wenn nun so ein selbsternannter Katholik wie Böckenförde schon die Kirche verflucht für ihre angebliche Mitschuld an den Nazi-Verbrechen, dann verwundert es nicht, wenn tonangebende Juden in dieser Hinsicht kaum Zurückhaltung zeigen. Exemplarisch sei der Jude Daniel Goldhagen genannt, der schon seit Jahren immer wieder großartig von den Medien für seine Kernbotschaft gefeiert wird: Der Antisemitismus sei im wesentlichen die Schuld der katholischen Kirche. Wer also dem Vorwurf des Antisemitismus entgehen will, der muss sich klar gegen die katholische Kirche aussprechen. Katholiken müssen ihren katholischen Glauben widerrufen. Wer sich hingegen zur wahren Kirche bekennt, gegen den wird der gesamte gesetzliche Ordnungsmittelrahmen ausgeschöpft. Besondere Herren, Menschen wie Ernst-Wolfgang Böckenförde sorgen dann mit aller zur Verfügung stehenden Gewalt dafür, dass es nie wieder zu Verbrechen gegen die menschliche Freiheit kommt. Man setzt alles daran, derlei Unterdrückung bereits im Keim zu ersticken. Ganz in diesem Geist verkündete 2002 der damalige Bundesinnenminister Otto Schily: "Gegenüber der Intoleranz darf es keine Toleranz geben." Sein Nachfolger Wolfgang Schäuble kennt mit Rücksichtslosigkeit erst recht keine Nachsicht. Um die Freiheit und die Privatsphäre aller zu schützen, werden keine Kosten und Mühen gescheut, dass der Staat immer und überall kontrolliert, dass nichts und niemand die Freiheit und die Privatsphäre des Volkes gefährdet. Damit wird bereits im Kern nachhaltig verhindert, dass es jemals wieder zu einem Überwachungsstaat wie im Nationalsozialismus kommen kann. Eine Zwangsreligion wie im Nationalsozialismus darf es erst recht nicht geben. Wer nämlich die nationalsozialistische Propaganda durchschaut hat, der weiß, dass sie - wie viele Ideologien - durchaus Elemente und Begriffe aus dem Christentum übernommen, diese aber mit antichristlichen Inhalten gefüllt hat. Auch Hitler sprach viel von der Erbsünde, meinte aber damit nicht die Sünde Adams, sondern - so wörtlich in Hitlers Buch "Mein Kampf" - "die Sünde wider Blut und Rasse". "Rassenkreuzung", "Rassenvergiftung des Herrenvolkes", das ist Hitlers "Erbsündenlehre". Will man also Sicherheit schaffen, so packt man das Übel am besten an der Wurzel: Hitler hätte nicht aus der christlichen Lehre schöpfen können, wenn es sie nicht gegeben hätte. Erinnern wir uns jetzt nochmals an die Worte von Kardinal Faulhaber über die Juden: "Sie hatten den Gesalbten des Herrn verleugnet und verworfen, zur Stadt hinausgeführt und ans Kreuz geschlagen." Fragen wir uns, welchen Stellenwert das Christentum heute hat. Fragen wir uns ruhig auch, welchen Einfluss Juden heute haben, und ob dieser Einfluss immer begrüßenswert ist; fragen wir uns ruhig, ob wirklich alle Handlungen Israels immer uneingeschränkt begrüßenswert sind. Fragen wir uns, ob wir jeden ungerechten Vorwurf gegen die Kirche hinnehmen oder gar unterstützen müssen. Fragen wir uns, wie es um Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit bestellt ist. Fragen wir uns, wie wir mit dieser Situation umgehen müssen, um beim Jüngsten Gericht vor Christus bestehen zu können. Amen.

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S. auch:
O-Ton Böckenförde zur "Legalisierung" der Abtreibung
Predigt Michael Kardinal von Faulhaber, Erster Advent 1933

Anmerkung:
Am 21. Juni 2005 hat Böckenförde von der "katholisch-theologischen Fakultät" Tübingen die "Ehrendoktorwürde" verpasst bekommen. "Festredner" war Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, einer unserer aufmerksamen und interessierten Leser. Die "Laudatio" hielt Dietmar Mieth, bekannt als Verfechter der Abtreibungsscheine. Aus Miehts "Laudatio":
a**** Böckenförde ist - im Gegensatz zu manchen Charakterisierungen, die ihn auf vormoderne Strukturen zurückdrängen wollen - kein Naturrechtler der alten Art, der Moralnormen oder Rechtsnormen aus einem metaphysisch-teleologischen Naturbegriff ableitet. Er geht vielmehr von der Erneuerung der Anliegen des Naturrechts im Vernunftrecht aus, sei es in der Aufklärung Kants, sei es in der Diskussion nach dem 2. Weltkrieg. ****e
Stimmt, Böckenförde ist ein Gegner des Naturrechts, also des göttlichen Rechts, und huldigt statt dessen teuflischen Ideologien wie dem "kategorischen Imperativ" von Kant. Das ist zwar objektiv kein Grund für eine Lobrede, aber innerhalb der V2-Sekte gelten nun mal andere Normen.

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